Aktionstag der Aktion Aufschrei

Die sieben Goldenen Nasen des deutschen Rüstungsexports

von Johanna HeuvelingRenate Wanie
Stoppt den Waffenhandel
Stoppt den Waffenhandel
(c) IPPNW Deutschland

Bei einer kuriosen Kunstaktion auf der Wiese vor dem Bundestag in Berlin von „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ wurden am 26. Februar 2016 die Hauptprofiteure der Deutschen Waffenverkäufe ausgestellt - beziehungsweise ihre Nasen.

Die mächtigen Nasen schimmerten eindrucksvoll auf der schlechtwetterverhangenen Reichstagswiese. Sie erregten die Aufmerksamkeit von zahlreichen Touristengrüppchen und neugierigen Schulklassen. Jürgen Grässlin, Sprecher des Bündnisses Aktion Aufschrei und der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen), führte durch die Galerie der Nasen: „Mit der Ausstellung nennen wir beispielhaft sieben Profiteure deutscher Rüstungsexporte mit Namen und zeigen dazu jeweils die überdimensionierten Nasen-Profile der für die tödlichen Geschäfte verantwortlichen Personen in den Unternehmen.

Die Nasen gehörten: Andreas Heeschen, Hauptgesellschafter der Heckler & Koch GmbH, Frank Haun, Geschäftsführer von Krauss-Maffei Wegmann, Bernhard Gerwert, Chief Executive Officer von Airbus Defence & Space, Claus Günther, Vorstandssprecher des Bereichs Diehl Defence, Heinrich Hiesinger, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp AG, Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG und Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG.

Mit beeindruckenden Zahlen konnte Grässlin, der letztes Jahr das Buch „Schwarzbuch Waffenhandel“ herausgegeben hat, belegen, wie viele Milliarden von diesen Unternehmen mit Waffenhandel umgesetzt werden, in welche Länder sie liefern und welche Todeszahlen damit verknüpft sind. 60% der Waffenexporte gehen in so genannte Drittstaaten, welche nicht der NATO angehören und welche laut Verfassung nur in Ausnahmefällen beliefert werden dürfen. Dazu gehören menschenrechtsverletzende Nationen wie Saudi Arabien, Iran, Pakistan, Mexiko etc. Doch auch dort bleiben die Waffen nicht, obwohl Endverbleibserkärungen unterzeichnet (aber nicht überprüft) werden. So sind deutsche Gewehre schon längst in die Hände des sog. Islamischen Staates gelangt und helfen bei Massakern und Exekutionen. Grässlin bemerkte auch, dass die Deutsche Rüstungsindustrie sich dadurch auszeichne, dass sie immer alle Kriegsparteien mit Waffen beliefere, also zum Beispiel U-Boote nach Israel, aber auch nach Ägypten und in die Türkei. Wie die Firmen immer wieder an die Genehmigungen zum Export kommen, sei erklärlich durch die starke Lobbyarbeit und Entscheidungen, die nicht transparent im Bundestag getroffen werden, sondern hinter verschlossenen Türen im Bundessicherheitsrat. Dieser muss den Bundestag lediglich im Nachhinein informieren.

Aktion Aufschrei fordert, dass diese Unternehmen, allen voran diejenigen, die zu fast 100% Rüstungsgüter herstellen wie Heckler & Koch und Krauss Maffei Wegmann, auf zivile Produkte umstellen. Aber auch andere, wie Daimler, welches nur 3% seines Produkterepertoires mit Militärgütern abdeckt, sollten sich doch von diesen verabschieden. „Es ist möglich!“, so Grässlin.

Johanna Heuveling lebt in Berlin und arbeitet als Biologin an der Humboldt Universität. Aktiv ist sie in Welt ohne Kriege e.V. und Pressenza Berlin. Journalistisch interessiert sie besonders Flüchtlingspolitik, Waffenhandel, Afrika, außerdem Kunst und Spannendes aus den Wissenschaften. Ihr Interesse ist die Überwindung der Gewalt durch gewaltlose Methoden: Versöhnung und die Überwindung der Angst, welche die Wurzel der Gewalt ist.

Der Text wurde entnommen: http://www.pressenza.com/de/2016/02/die-sieben-goldenen-nasen-des-deutsc...

 

Protest in Hamburg

(Aktion Aufschrei) Zeitgleich mit der Aktion in Berlin protestierten rund 200 HamburgerInnen an dem Aktionstag gegen Waffenexporte, die über den Hamburger Hafen verschifft werden. Mit 101 symbolischen Waffenexport-Containern zogen rund 200 DemonstrantInnen von der Hauptkirche St. Jacobi zum Hauptbahnhof und anschließend zum Hamburger Rathaus. Dort übergab Ex-Hauptpastor Christoph Störmer eine Petition gegen Waffenexporte über den Hamburger Hafen an Vertreter von Senat und Bürgerschaft. Rund 2.300 Unterschriften hatten die Initiatoren in den vergangenen Wochen gesammelt.

Wir protestieren hier stellvertretend für die gesamte Zivilgesellschaft", sagte Ex-Hauptpastor Störmer. Zugleich appellierte er an Bürgerschaft und Senat, die Präambel der Hamburgischen Verfassung einzuhalten. Darin heiße es, dass "Hamburg (...) als Welthafenstadt (...) im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein" wolle. Derzeit sei Hamburg jedoch die Drehscheibe des internationalen Waffenhandels. Im Schnitt würden in Hamburg jeden Tag drei Container mit Waffen und Munition verschifft. Oft würde dieses Gefahrengut auch durch Wohngebiete transportiert - das müsse aufhören. 

Und auch in Heidelberg

(Renate Wanie) Parallel zu dem Aktionstag in Berlin haben am 26.2. zwei Initiativen auch in Heidelberg eine
"Nasenaktion" auf der Konsummeile in der Innenstadt initiiert: mit Aktiven aus dem Heidelberger Bündnis "Stoppt den Waffenhandel!" und dem Heidelberger Friedensratschlag. Der Slogan: "Deutsche Unternehmen verdienen sich mit Waffenexporten eine goldene Nase - für die einen ein lukratives Geschäft, für die anderen Flucht vor Krieg!“

Mit Sandwich-Plakaten sind acht AktivistInnen mit namentlich benannten "Goldenen Nasen"
von sieben Vorstandsvorsitzenden und den Namen ihrer Konzerne in einer Art Flashmob in Heidelbergs Hauptstraße ausgeschwärmt, haben Gespräche mit PassantInnen geführt, Karten, gerichtet an Minister Gabriel "Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien- wir sagen nein!" verteilt und in einer guten Stunde etwa 70 Unterschriften gegen den Export von Kleinwaffen und Munition gesammelt.

Es war eine originelle, zugleich witzige wie auch erfolgreiche politische Straßenaktion! Diese Aktionsform wird nicht die letzte sein! Denn die AktivistInnen haben nicht nur etwas erreicht, sie hat ihnen auch richtig Freude gemacht! (s. Fotos)

Renate Wanie, Mitwirkende im Heidelberger Friedensratschlag und Heidelberger Bündnis „Stoppt den Waffenhandel!“

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