Resist-Kampagne:

Erste juristische Erfolge für Airbase-Blockierer

von Martin Singe

Mit diesem "Blickpunkt" wollen wir über den aktuellen Stand zu den juristischen Folgen der resist-Aktionen berichten. Hier geht es vor allem um die Folgen der Blockaden vor der US-Airbase Frankfurt/M. Über die Folgen der Aktionen am EUCOM/Stuttgart und hinsichtlich des Go-Ins auf den US-Truppenübungsplatz Grafenwöhr finden sich eigene Artikel im Teil "Initiativen" dieses Friedensforums. Außer den Ordnungswidrigkeits- und den Nötigungsverfahren, die im folgenden dargestellt werden, laufen noch zwei Strafprozesse gegen Personen, die leitend bzw. anmeldend bei den Aktionen tätig waren. Ihnen wird Aufruf zu Straftaten bzw. die von Auflagen abweichende Durchführung einer Versammlung vorgeworfen.

1.300 Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz
In Frankfurt werden die TeilnehmerInnen an den beiden großen Blockadeaktionen am 15.3. und 29.3. juristisch verfolgt. Über 1.300 Ermittlungsverfahren wurden wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Regelmäßig wurde ein Bußgeld von 100 Euro plus 18,50 Euro Verwaltungsgebühr verhängt. Unseres Wissens haben fast alle dagegen Einspruch eingelegt. Inzwischen liegen die Verfahren allesamt beim Frankfurter Amtsgericht. Die für Ordnungswidrigkeiten zuständige Kammer hat alle Verfahren gegen Jugendliche inzwischen eingestellt, nach Angaben der Gerichtspressestelle etwa einhundert Verfahren. Über die laut Pressestelle 800 Erwachsenen-Verfahren sei noch nicht entschieden. Aber es ist offensichtlich, dass die Richter hier auch eine gemeinsame Entscheidung treffen wollen. Zumindest wurden die ersten angesetzten Prozesstermine wieder aufgehoben. Bislang hat sich also das konsequente Verweigern der mit den Bußgeldbescheiden erhobenen Forderungen ausgezahlt. Die Geschlossenheit der Resistenten auch bei der Bewältigung der juristischen Konsequenzen ist in dem Fall unsere Stärke.

Strafbefehle wegen des Nötigungs-Vorwurfs

In rund 50 Fällen versucht die Staatsanwaltschaft den alten 240 des Strafgesetzbuches wieder aus der Mottenkiste hervorzukramen. Dieser sogenannte Nötigungs-Paragraph wurde in den 80er Jahren tausendfach gegen die Blockierer in Mutlangen, Hasselbach usw. angewandt, als es um die neu stationierten nuklearen Mittelstreckenraketen ging. Nach langen juristischen Verfahren hatte das Bundesverfassungsgericht schließlich 1995 beschlossen, dass der Gewaltbegriff durch die verurteilenden Gerichte zu extensiv ausgelegt worden sei. Gewalt erfordere eine physische Kraftentfaltung, passives Sitzen kann demnach nicht als Gewalt gewertet werden. Ein Frankfurter Richter folgte nun dieser Rechtsauslegung und stellte die von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehle in drei Fällen gar nicht erst aus. Er verneinte das Tatbestandsmerkmal der Gewalt. Außerdem konnte er keine Verwerflichkeit im Sinne des Nötigungsparagraphen feststellen, nur dann wäre das Verhalten rechtswidrig gewesen. Das Urteil ist im "Hintergrund"-Teil dieses Friedensforums im Wortlaut dokumentiert. Es bleibt zu hoffen, dass auch die anderen Richter dieser Rechtsprechung folgen. Erste Verhandlungstermine in Frankfurt sind am 21.10. (9.00 Uhr, Hammelsgasse 1, Gebäude E, II. Stock, Raum 24) und am 30.10. (ebenda, 10.00 Uhr, I. St., R. 22). Vor geplanten Prozessbesuchen solltet Ihr noch mal nachfragen, ob es bei den Terminen geblieben ist (beim Netzwerk Friedenskooperative, 0228-692904, oder beim Komitee für Grundrechte und Demokratie, 0221-9726920). Im Falle von Verurteilungen werden wir gebenenfalls bis zum Bundesverfassungsgericht durchprozessieren und die Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Krieges nachweisen, zumal der Generalbundesanwalt ja jegliche Ermittlung gegen Schröder, Fischer und die übrigen kriegsunterstützenden Regierungsmitglieder abgelehnt hat. Sie gehörten eigentlich auf die Richterbank, nicht die völkerrechtskonform handelnden Friedensdemonstranten!

Unterstützt die Betroffenen durch Präsenz bei den Gerichtsverfahren und/oder durch einen Beitrag zum Rechtshilfefonds für die Aktion! Sonderkonto: Martin Singe, Kto. 559430469, BLZ: 44010046, Postbank Dortmund, Stichwort "Rechtshilfe"

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Martin Singe ist Redakteur des FriedensForums und aktiv im Sprecher*innenteam der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".