Klimawandel und Militär

„Globale Umweltprobleme als Sicherheitsrisiko“

von Otmar Steinbicker
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Indem der Klimawandel als Sicherheitsproblem begriffen wird, ist er auch ein Thema für die Armeen dieser Welt. Das Verteidigungsministerium der USA hatte dazu 2014 ebenso eine Studie veröffentlicht wie die Bundeswehr. Die Ergebnisse beider Studien entsprechen anderen Studien aus dieser Zeit. Interessant ist allerdings der Unterschied in der Wahrnehmung der unterschiedlichen zeitgleichen Folgen und damit auch für die daraus resultierenden Handlungsschwerpunkte. Dass dem Klimawandel nur durch politische und nicht durch militärische Maßnahmen begegnet werden kann, steht für alle selbstverständlich außer Frage.

In der Bundeswehrstudie  „Globale Umweltprobleme als Sicherheitsrisiko“, publiziert im Juni 2014 durch das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr, liegt die Perspektive sehr deutlich auf durch den Klimawandel erzeugte Probleme, die regionale Konflikte verschärfen und die Migration auch nach Europa verstärken können.

Im Weißbuch der Bundeswehr 2016 wird der Klimawandel als Problem aufgezählt, tiefere Analysen oder Aussagen zur Rolle des Klimawandels für die künftige deutsche Verteidigungspolitik sucht man allerdings vergebens.

Bereits 2007 hatte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in seiner Studie „Welt im Wandel: Sicherheitsrisiko Klimawandel“ (Redaktionsschluss: 21.05.2007) diese Problematik akzentuierter formuliert: „Die zentrale Botschaft der Risikoanalyse des WBGU lautet, dass der Klimawandel ohne entschiedenes Gegensteuern bereits in den kommenden Jahrzehnten die Anpassungsfähigkeit vieler Gesellschaften überfordern wird. Daraus könnten Gewalt und Destabilisierung erwachsen, die die nationale und internationale Sicherheit in einem bisher unbekannten Ausmaß bedrohen. Der Klimawandel könnte die Staatengemeinschaft aber auch zusammenführen, wenn sie ihn als Menschheitsbedrohung versteht und in den kommenden Jahren durch eine energische und weltweit abgestimmte Klimapolitik die Weichen für die Vermeidung eines gefährlichen anthropogenen Klimawandels stellt. Gelingt dies nicht, wird der Klimawandel zunehmend Spaltungs- und Konfliktlinien in der internationalen Politik hervorrufen, weil er vielfältige Verteilungskonflikte in und zwischen Ländern auslöst: um Wasser, um Land, um die Bewältigung von Flüchtlingsbewegungen oder um Kompensationszahlungen zwischen den wesentlichen Verursachern des Klimawandels und den Ländern, die vor allem von dessen destruktiven Wirkungen betroffen sein werden.“

Für das Pentagon stellt sich die Problematik des Klimawandels sehr viel dramatischer, weil sie zugleich die eigenen Militärbasen betrifft. So heißt es in der Studie „Climate Change Adaptation Roadmap“ vom Juni 2014: „Unser erster Schritt bei der Planung für diese Herausforderungen besteht darin, die Auswirkungen des Klimawandels ...mit konkreten und spezifischen Messgrößen unter Verwendung der besten verfügbaren Wissenschaft zu identifizieren. Wir sind fast fertig mit einer Basisuntersuchung, um die Anfälligkeit der mehr als 7. 000 Stützpunkte, Anlagen und anderen Einrichtungen unseres Militärs zu beurteilen. An Orten wie der Region Hampton Roads in Virginia, die die größte Konzentration an US-Militärstandorten der Welt beherbergt, sehen wir heute immer wiederkehrende Überschwemmungen, und wir beginnen mit der Arbeit an einem prognostizierten Anstieg des Meeresspiegels von 1,5 Fuß (Anm.: ca. 45 Zentimeter, d.R.) in den nächsten 20 bis 50 Jahren.“

Wenn allein durch den zu erwartenden Anstieg des Meeresspiegels in den nächsten 20-50 Jahren rund 7000 Militäreinrichtungen der USA ausfallen, dann ist die Einsatzfähigkeit der US-Armee ernsthaft bedroht. Heute, fünf Jahre später und unter dem Eindruck des abschmelzendes Eises bei Grönland dürfte diese Einschätzung eher noch dramatischer ausfallen.

Deutschland hat 2019 und 2020 einen nichtständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Bei der Bewerbung dazu hatte die Bundesregierung erklärt, sich erneut mit sicherheitspolitisch relevanten Folgen des Klimawandels befassen zu wollen. Ob es eine ernsthafte Initiative dazu geben wird, bleibt derzeit eher fraglich.

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Otmar Steinbicker ist Redakteur des FriedensForums und von aixpaix.de