Gegen den Segen im Kölner Dom protestierten Friedensbewegte

Kardinal Meisner segnet Soldaten

von Ariane Dettloff
Initiativen
Initiativen

Der von Joachim Kardinal Meisner vollzogene SOLDATENGOTTESDIENST 98 im Kölner Dom wurde am 22.Januar von Protesten der örtlichen Friedensbewegung begleitet. Zum ersten Mal hat daran in diesem Jahr auch Bundesverteidigungsminister Volker Rühe teilgenommen. Pax-Christi- Mitglied Hanna Jaskolski hatte sich am Vortag mit einer brennenden Kerze und dem Plakat "I believe in non-violence" betend und flötespielend in den Dom gesetzt. Sie wollte so lange bleiben, wie der Soldatengottesdienst am folgenden Tag dauern würde. Das ist ihr nicht gelungen: die herbeigerufene Polizei nahm sie in Gewahrsam und stellte ihre Personalien fest. Sie wird wegen "Hausfriedensbruchs" angeklagt.

Die Zivilisten-Transparente mußten im Abseits bleiben, als Joachim Kardinal Meisner zur heiligen Handlung schritt, die er im Dom zu Köln alljährlich zum "Weltgebetstag für den Frieden" zelebriert: Soldaten segnen. Mit Sätzen wie: "In betenden Händen ist die Waffe vor Mißbrauch sicher" oder: "Die Kirche sieht in den Soldaten eine letzte Möglichkeit, das Böse im Menschen zu bannen."

Rund 400 empörte Friedensbewegte waren dem Aufruf des "Aktionsbündnis gegen Aufrüstung und die Militarisierung der Gesellschaft" gefolgt, gegen die "mentale Aufrüstung im Kirchenraum" zu protestieren - mit Trillerpfeifen und gehöhntem "Hallelujah". Im Vorjahr war es den einzigen beiden präsenten Aktivisten der katholischen Friedensgruppe "Pax Christi" übel ergangen, als sie ihr Spruchband ("Kriege verhindern - Rüstung ächten") dem Kölner Erzbischof entgegenhielten: Einzelhaft samt Leibesvisitation. Diesmal blieben die Protestierenden abgedrängt (die Domplatte wurde städtischerseits zur meinungsfreien Zone deklariert), doch polizeilich unbehelligt.

Am Wochenende hatten sich die Soldatenmessen-Gegner mit einer militär- und kirchenkritischen Tagung auf die Protestkundgebung vorbereitet. Die Historikerin Ingrid Ahrendt-Schulte erinnerte an die lange Kirchentradition des Waffen-Segnens.

Die feministische Theologin Dorothee Sölle wies auf lebensfeindliche Züge des patriarchalen Christentums hin und kritisierte die Interpretation des Sühnetods Christi als Vorbild für einen "Opfertod fürs Vaterland". Den Kardinal Meisner, der lehrt, "einem Gott lobenden Soldaten" könne man "guten Gewissens Verantwortung über Leben und Tod anderer übertragen", bezeichnete Sölle als Fundamentalisten: seine Glaubenssätze stelle er über menschliches Leben und körperliche Unversehrtheit.

Während am 22.1.98 morgens 1.500 deutsche, belgische und britische Soldaten im Dom den Worten Meisners lauschten, intonierten die Kritiker - unter ihnen auch zahlreiche Christen - draußen Sprechchöre und Friedenshits ("...doch was sie schützen, ist nicht das Leben, sondern die Multis und ihr Geld"). Sie sehen die Bundeswehr als out-of-area-Truppe, die nicht mehr zur Landesverteidigung, sondern zur Reichtumsverteidigung bestimmt ist (so verlangen es auch die Richtlinien der neuen großdeutschen Armee). Joachim Kardinal Meisner werfen sie vor, mit dem Segen für die Militärs auch diesen Bundeswehrauftrag zu unterstützen. Doch in des Kardinals Soldaten-Predigt war davon nicht die Rede. O-Ton Meisner: "Weil der Mensch der höchste irdische Wert ist, ist er unserer Gesellschaft so lieb und teuer, daß sie sich die Bundeswehr leistet. Sie wird den Erwartungen und Aufgaben nur gerecht, wenn der einzelne Soldat davon eine Ahnung hat, daß der Mensch ... der Gott nach Gott ist. Amen."

Auf der Abschlußkundgebung der Kölner FriedensstreiterInnen konstatierte die evangelische Theologin Dorothee Sölle: "Profit und Krieg gehören zusammen. Wer das eine segnet, meint auch immer das andere." Und Kabarettist Heinrich Pachl erinnerte an die beiden von Deutschen angezettelten Weltkriege - teilnehmende Beobachtung sei das gewesen, "learning by dumm-dumm."

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Ariane Dettloff ist Mitglied bei "Pax an" in Köln.