Kein Grund zur Häme

von Mani Stenner
Initiativen
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Ostermärsche sind irgendwie nicht in und die Schlagzeilen dazu lauten seit Jahren "Geringe Beteiligung ...". Die Zeiten sind nicht so, daß den Menschen der Ausbau der Bundeswehr mit "Schnellen Eingreiftruppen" und "Kommando-Spezialkräften" für Kampfeinsätze in aller Welt unmittelbar unter die Haut geht. Und das im Wahljahr 1998 von einigen Ostermarsch-Veranstaltern verkündete Motto "Für Frieden und Arbeit" machte die ganze Sache auch nicht gerade spannend. Da können sich auch hartgesottene Friedensbewegte zu Ostern schönere Dinge vorstellen als ausgerechnet Ostermarsch.

Die OstermarschiererInnen haben die Bürde einer 40jährigen Tradition im Gepäck. Entsprechend kommentierte die Presse wiederum den zahlenmäßigen Niedergang im Vergleich mit den hunderttausenden der Anti-Raketen-Bewegung und reklamierte das "Sammelsurium" von Themen der Aktionen vom Eurofighter über Flüchtlingsfragen bis zum Castortransport.

Seit 15 Jahren nunmehr gehts mit den Zahlen bergab, nicht nur zu Ostern. Aber kein Grund zur Häme. Die Friedensbewegung ist seitdem kleiner geworden, hat sich aber einen aktiven Kern von lokalen Gruppen und bundesweit, z.T. international vernetzten Organisationen bewahrt. Die Alltagsarbeit dieser Gruppen ist wenig spektakulär, thematisch breiter und oft viel konkreter als zu den Hochzeiten der Anti-Raketen-Bewegung. Während des Krieges in Bosnien haben deutsche Friedensgruppen und Kirchengemeinden mit einer regelrechten Fluchthilfeorganisation mehr als 8.000 an Leib und Leben bedrohten Menschen über das geschlossene deutsche Kontingent hinaus Aufnahme in der Bundesrepublik verschafft. Friedensgruppen unterhalten heute Hilfs- und Wiederaufbauprojekte im ehemaligen Jugoslawien, um die zivile Gesellschaft und demokratische Gruppen dort zu stärken, werben für Verständigung zwischen hier lebenden Türken und Kurden, engagieren sich in der Flüchtlingshilfe und für das Asylrecht. Diese Themenvielfalt, die es auch bei den regional sehr verschiedenen Osteraktionen gibt, ist sachlich geboten. Wenn Deutschland Panzer an die Türkei liefert, die türkische Armee kurdische Dörfer zerstört, die Vertriebenen dann hierzulande Schutz suchen und von den Innenministern in den Folterstaat Türkei abgeschoben werden, ergibt sich der Zusammenhang von Friedensarbeit und Flüchtlingshilfe von selbst.

Bei den Ostermärschen zeigen nicht alle Friedensgruppen Präsenz. Vielerorts hat man sich für diese Aktionsform eine mehrjährige Pause verschrieben. Woanders, besonders in den neuen Bundesländern, wo Bürgerinitiativen in der Wittstocker (siehe auch Seite 15) und der Colbitzer Heide Truppenübungsplätze zu Naturschutzgebieten machen wollen, wird der Ostermarsch neu belebt. Und auch da, wo es wie im württembergischen Nagold den neuen Kampftruppen der Bundeswehr ganz nah an die Pelle geht, gibt es neuen Zuspruch - auch wenn an die große TeilnehmerInnen-Zahl vom letzten Jahr in Calw nicht angeknüpft werden konnte. Zu Ostern wie in der Alltagsarbeit von Friedensgruppen in Zeiten geringen Zuspruchs ist es schon etwas, mit hörbarem Widerspruch zu militärischen "Konfliktlösungen" und der Anmahnung nachhaltiger ziviler Konfliktbearbeitung ein mahnender Stachel zu sein. Es gibt in unserer Gesellschaft keinen Konsens für Krieg.

Infos im Internet

Auch nach Ostern bleiben nicht nur die Aktionstermine, sondern - soweit wie für uns zugänglich - Hintergrundinformationen, Pressemitteilungen, Aufruftexte der regionalen Veranstaltergruppen sowie Agenturmeldungen und Presseresonanz zu den Osteraktionen 1998 im Internet abrufbar unter: http://www. friedenskooperative.de/themen/om98.htm

Pressespiegel

Im Bonner Büro ist eine Pressedokumentation zu den Ostermärschen 1998 (gegen 5,- DM Kopier- und Versandkosten in Briefmarken) erhältlich.

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