Juristisches

Kein Ordnungsgeld gegen Ostermarsch

von Ulrich Rodewald

Ob der Saal des Müllheimer Amtsgerichts je so gefüllt war wie am 9. Oktober 2012, ist nicht überliefert: Über 50 Bürgerinnen und Bürger hatten sich zusammengefunden, Menschen aus der Friedens-, AntiAtom- und  Bürgerrechtsbewegung des Dreyecklandes, um den Sprecher des Markgräfler Friedensrates, Ulrich Rodewald, solidarisch zu unterstützen.

Zur Verhandlung stand ein Bußgeld, dass seitens der Ordnungsbehörden gegen Ulrich Rodewald anlässlich der Durchführung des Ostermarsches in Müllheim 2012 verhängt worden war.

Dieser südwestlichste Ostermarsch in Deutschland wird vom Friedensrat Markgräflerland gemeinsam mit anderen friedenspolitisch engagierten Organisationen (Gewerkschaften, Friedensinitiativen, Kirchen) jährlich am Ostermontag organisiert. Auch der diesjährige Ostermarsch – an dem sich 300 Menschen beteiligten - verlief wie die in den 13 Jahren zuvor ohne jeden Zwischenfall. So zumindest die Meinung der Teilnehmer, der Organisatoren und der lokalen Presse.

Anderer Meinung war hingegen die Polizei. Sie zeigte bei der Ordnungsbehörde mehrere vermeintliche Auflagenverstöße an. Daraufhin erließ die Ordnungsbehörde gegen Ulrich Rodewald einen Bußgeldbescheid.

Gegen dieses Bußgeldverfahren hatte Ulrich Rodewald Einspruch erhoben und Rechtsanwalt Udo Kauss mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt. Erst dessen Einsicht in die vorliegenden Akten machte die vermeintlichen Verstöße offenkundig:

1. Megaphone seien nicht nur am Treffpunkt der Demonstranten benutzt worden, sondern auch während des gesamten Demonstrationszuges, um Parolen wie „Frieden schaffen ohne Waffen!“ zu skandieren.

2. Der Veranstalter habe keinen einzigen Ordner gestellt.

3. Es sei zu Behinderungen des Straßenverkehrs gekommen.

4. Die Kundgebung vor der Robert Schuman-Kaserne habe nicht nur friedenspolitischen Charakter gehabt. Hier seien auch eindeutige Parolen skandiert worden, die die Forderung nach Stilllegung des KKW Fessenheim zum Inhalt hatten. Eine große Anzahl von KKW-Gegnern, teilweise mit entsprechenden Fahnen, habe sich unter den Teilnehmern der Demonstration befunden.

5. Den Anordnungen der Polizei zur Regelung des Straßenverkehrs sei keine Folge geleistet worden.

Gewiss entbehrt diese Liste vorgeblicher Verstöße nicht einer gewissen Komik. Für die Markgräfler Friedensleute endete die Komik dort, wo sie demokratische Grundrechte bedroht sahen. Deshalb kam es nun zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung über das verhängte Bußgeld.

Nachdem Rechtsanwalt Udo Kauss die rechtliche Haltlosigkeit des Bußgeldbescheides dargelegt und Ulrich Rodewald inhaltlich die Haltlosigkeit der Vorhalte klarstellte, blieb dem Richter nichts anders übrig, als das Verfahren einzustellen.

Also: Kein Bußgeld gegen den Ostermarsch.

Ulrich Rodewald machte in seinem Dank an die Anwesenden im Gerichtssaal deutlich, dass es gälte und sich lohne, Einschränkungen demokratischer Rechte nicht hinzunehmen, sondern ihnen entgegenzutreten. Er betonte, dass es vor allem die solidarische Unterstützung aus den Bewegungen war, die zu der Einstellung des Verfahrens geführt hat. „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.“

P.S.: Was allerdings bleibt, sind die Anwaltskosten. Spenden sind erbeten auf das Konto Ulrich Rodewald, Kto. Nr. 183354758 - BLZ 66010075, Postbank Karlsruhe, Stichwort: Ostermarsch.

Ausgabe

Rubrik

Initiativen