Atomkriegsmanöver stoppen! Demo in Nörvenich am 14. Oktober

NATO will mit „Steadfast Noon“ erneut Atomkrieg simulieren

von Martin Singe
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Auch in diesem Jahr werden Mitte Oktober die USA zusammen mit den NATO-Staaten der nuklearen Teilhabe und den SNOWCAT-Unterstützerstaaten (SNOWCAT = Support of Nuclear Operations with Conventional Air Tactics) in Europa den Atomkrieg üben.

Der Standort der US-Atombomben in Büchel und die zugehörigen Tornados sind jeweils in das Manöver einbezogen. Seit letztem Jahr sind die Tornados nach Nörvenich ausgelagert, da Büchel bis 2026 aufwendig renoviert wird. Neue Start- und Landebahnen sowie Unterstände für die neuen F-35-Tarnkappen-Atombomber werden gebaut. Außerdem kommen voraussichtlich 2024 die neuen zielgenaueren und im Endflug lenkbaren B61-12-Atombomben nach Büchel. Sowohl die Tarnkappenbomber, die gegnerisches Radar unterlaufen können, als auch die neuen Atomsprengköpfe B61-12 senken die Hemmschwelle für einen Kriegseinsatz.

Eine Not-Start- und Landebahn bleibt während der Bauarbeiten in Büchel erhalten, um die „Nukleare Teilhabe“ ohne Unterbrechung fortzusetzen und um evtl. auch die neuen Bomben in Empfang nehmen zu können. Die Tornados sind von Nörvenich aus in 5-10 Minuten in Büchel. An welchem Standort der nuklearen Teilhabestaaten (außer der BRD auch die Niederlande, Belgien, Italien und die Türkei) in diesem Jahr der Schwerpunkt des Manövers liegen wird, ist nicht bekannt.
Die indirekten Drohungen Russlands mit einem Einsatz von Atomwaffen im Kontext des Ukraine-Krieges machen die realen Gefahren eines atomaren Krieges in Europa erneut bewusst. Auch die NATO ist bereit, im Ernstfall Atomwaffen einzusetzen. In der neuen „Nationalen Sicherheitsstrategie“ der Bundesregierung vom 14. Juni 2023 heißt es: „Wir müssen im transatlantischen Bündnis in der Lage und entschlossen sein, allen militärischen Bedrohungen entgegentreten zu können – nuklear, konventionell ...“  Angesichts der angespannten gegenwärtigen Lage ein Atomkriegsmanöver abzuhalten, ist höchst brisant und gefährlich. Im Demo-Aufruf heißt es dazu: „Ein Manöver, das in diesen kritischen Zeiten einen Atomkrieg simuliert, kann die Eskalationsspirale anheizen oder infolge von Missverständnissen zu einem Atomkrieg ‚aus Versehen‘ führen.“

Gruppen aus der Friedensbewegung, u.a. die FriedensGruppe Düren, das Netzwerk Friedenskooperative und die DFG-VK NRW, rufen zusammen mit der Atomwaffenfrei-Kampagne für den 14. Oktober 2023 – dem Samstag vor dem voraussichtlichen Manöverbeginn - zu einer Demonstration in Nörvenich auf. Die Hauptkundgebung findet um „fünf vor 12“ Uhr auf dem Schlossplatz von Nörvenich statt. Danach wird eine Demo zum Kriegsflugplatz „Boelcke“ ziehen und dort eine Abschlusskundgebung mit kreativen Elementen veranstalten. Vom Bahnhof  Düren nach Nörvenich und zurück ist ein Shuttle-Service eingerichtet.

Die Bundesregierung wird im Demo-Aufruf aufgefordert, die völkerrechtswidrige Beteiligung der Bundeswehr an dem Atomkriegsmanöver abzusagen. Darüber hinaus werden der Abzug der Atombomben aus Büchel, der Widerruf der Entscheidung für die Anschaffung von 35 Stück der F-35 und das Ende der nuklearen Teilhabe gefordert. Stattdessen soll die Bundesregierung dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten.

Das international geltende humanitäre Völkerrecht verbietet grundsätzlich jeden Einsatz von Atomwaffen und auch die Drohung mit Atomwaffen (Gutachten des Internationalen Gerichtshofes von 1996). Zudem hat Deutschland den Nichtverbreitungsvertrag unterzeichnet, der die unmittelbare und mittelbare Annahme von Atomwaffen durch Nichtnuklearstaaten verbietet. Genau das (mittelbare Annahme) geschieht in Büchel. Und im Ernstfall kommt es zur unmittelbaren Annahme, wenn die Bundeswehrpiloten mit ihren atomwaffenbestückten Tornados zu den Kriegszielen fliegen. Sogar das Verteidigungsministerium selbst hatte - wohl in einer kurzfristigen völkerrechtlichen Erleuchtung - in der Taschenkarte der Soldat*innen von 2008 einen Befehl für ein striktes Einsatzverbot von Atomwaffen für die Bundeswehr formuliert.

Aktuelles zur Demo findet Ihr / finden Sie auf atomwaffenfrei.de

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Martin Singe ist Redakteur des FriedensForums und aktiv im Sprecher*innenteam der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".