Demonstrierende fordern in Nörvenich: Nukleare Teilhabe beenden!

Protest gegen Atomkriegs-Manöver der NATO

von Martin Singe
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Unter dem Motto „Atomkriegsmanöver stoppen!“ fand am Samstag, 22. Oktober 2022, in Nörvenich bei Düren eine Demonstration gegen das Atomkriegs-Manöver „Steadfast Noon“ statt.

Das NATO-Manöver fand diesmal in einer kritischen Phase des Ukraine-Krieges statt, da die russische indirekte Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen vorausgegangen war. Neu war auch, dass die NATO diesmal das Manöver kurz vor Beginn schon angekündigt hatte und dass das Manöver zwei (statt sonst einer) Woche lang dauerte. 14 NATO-Staaten mit rund 60 Kampfflugzeugen waren an der Übung beteiligt, darunter die europäischen nuklearen Teilhabestaaten, also auch Deutschland. Details der Übung blieben wie immer geheim. Die Bundesregierung verweigert jegliche Auskunft.

Gegen das Manöver demonstrierten über 150 Menschen aus der Friedensbewegung. Sie forderten ein Ende aller Atomkriegs-Manöver (auch Russland hatte Ende Oktober 2022 ein Atomkriegsmanöver abgehalten), den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland, die Beendigung der nuklearen Teilhabe und den Beitritt zum Atomwaffen-Verbotsvertrag (AVV) der UNO, der 2021 in Kraft getreten ist. Die Demonstration wurde von der Atomwaffenfrei-Kampagne, der DFG-VK NRW und Köln sowie der FriedensGruppe Düren veranstaltet und bundesweit von rund 20 Organisationen aus der Friedensbewegung unterstützt.

Schon die Drohung mit Atomwaffen ist völkerrechtswidrig
Bei der Kundgebung auf dem Schlossplatz wurde ein Grußwort der belgischen Friedensbewegung, die schon in der ersten Manöverwoche am Hauptquartier der NATO in Brüssel demonstriert hatte, vorgetragen. Belgien war 2022 zentral in das Manöver involviert. Heiner Krüger von der „FriedensGruppe Düren“ zog den geschichtlichen Bogen von der Rolle des Kriegsflugplatzes in Nörvenich im 2. Weltkrieg über die Wiederbewaffnung bis hin zur heutigen Situation. Aktuell sind in Nörvenich neben dem Boelcke-Jagdbombergeschwader auch die atomwaffenfähigen Tornado-Kampfjets aus Büchel stationiert. Joachim Schramm betonte für DFG-VK NRW, dass ein Atomkriegsmanöver angesichts des Ukraine-Krieges eskalationsträchtige Gefahren bedeute. Für den Ukraine-Krieg müsse ein Waffenstillstand vereinbart und eine Verhandlungslösung gefunden werden. Bernd Hahnfeld von den „Juristinnen und Juristen gegen den Atomkrieg“ (IALANA) wies auf das humanitäre Völkerrecht hin, das Drohung mit und Einsatz von Atomwaffen verbietet. Der Atomwaffensperrvertrag untersage Deutschland jegliche Annahme von Atomwaffen. Marion Küpker sprach für die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“. In Büchel/Eifel sind ca. 15 - 20 US-Atomsprengköpfe gelagert. Ein Grußwort der Initiative „Buirer für Buir“ betonte die nötige Zusammenarbeit von Umwelt- und Friedensbewegung. Für den musikalischen Beitrag sorgte „Salossi“ aus Köln, bekannt durch viele Auftritte zusammen mit Klaus dem Geiger.

„Pilot*innen: Sagt NEIN!“
Nach der Kundgebung bewegte sich ein ansehnlicher bunter Demonstrationszug mit starker Polizei-Begleitung zum Kriegsflugplatz Boelcke. Bei der Abschlusskundgebung skandierten die Demonstrierenden „Hopp, Hopp, Hopp, Atommanöver stopp!“. Die Soldat*innen hinter dem Zaun wurden mit einem abgewandelten Zitat von Wolfgang Borchert aufgefordert, „NEIN“ zu sagen, wenn ihnen der Einsatz zum Abwurf von Atombomben erteilt würde. Die Pilot*innen der nuklearen Teilhabestaaten üben im „Steadfast-Noon“-Manöver den Abwurf von US-Atombomben. Der Befehl zum Einsatz von Atomwaffen wäre jedoch völkerrechts- und damit rechtswidrig. Rechtswidrige Befehle dürfen weder erteilt noch befolgt werden.

Atomare Aufrüstung statt Abrüstung?
Die Zeichen in Sachen Atomrüstung stimmen jedoch aktuell eher pessimistisch als hoffnungsvoll. Nach der indirekten russischen Drohung mit Atomwaffen haben nun zwar Mitte November 2022 erneut China und die USA gemeinsam betont, dass ein Atomkrieg niemals geführt werden dürfe. Dennoch gehen die atomare Aufrüstung und die Präzisierung der Bomben und Raketen in allen Nuklearwaffen-Staaten weiter ihren Weg. Die neue US-Nuklearstrategie von 2022 hat die Forderung nach „No first use!“ (also: niemals einen Erstschlag auszuführen) nicht aufgenommen. In der Presse wurde angekündigt, dass die neuen präzisionsgenau lenkbaren B-61-12 US-Atombomben schon im Dezember 2022 in Büchel ankommen sollen. Sie können als Fallbomben auch von den alten Tornado-Kampfflugzeugen abgeworfen werden, also sind einsatzfähig, ehe die F-35 aus den USA von der Bundeswehr angeschafft werden.

Aufklärung über Atomkriegsfolgen nötig – 14.10.2023: Erneut Demo in Nörvenich
Einerseits nimmt der Druck von unten durch die Friedensbewegungen in den europäischen Teilhabestaaten zwar zu, aber andererseits erklären sich z.B. die neuen NATO-Beitrittsstaaten Finnland und Schweden für eine nukleare Teilhabe offen. Dies hatte auch Polen schon mehrfach signalisiert. Das bedeutet, dass die Friedensbewegung ihren Druck auf die Politik weiter erhöhen muss. Deutschland muss – als Schritt zu einem atomwaffenfreien Europa - zum AVV-Beitritt bewegt werden. Die Unmöglichkeit einer nuklearen „Verteidigung“ sollte wieder stärker in den Köpfen der Menschen verankert werden. Dazu gehört auch Aufklärung über die teils in Vergessenheit geratenen Folgen von Nuklearwaffeneinsätzen. Verschiedene Aktionen gegen Atomwaffen sind auch für 2023 schon in Planung, vor allem wieder in Büchel und in Nörvenich, aber auch dezentral z.B. bei den Ostermärschen, am Flaggentag der Mayors for Peace und den Gedenktagen an die Opfer von Hiroshima und Nagasaki. Aktuelle Infos immer auf: atomwaffenfrei.de

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Martin Singe ist Redakteur des FriedensForums und aktiv im Sprecher*innenteam der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".