Eurofighter-Exporte

Stoppt sofort die Eurofighter-Exporte an Saudi-Arabien und Katar!

von Jürgen Grässlin
Hintergrund
Hintergrund

Rüstungsexporte in Krisen- und Kriegsgebiete waren und sind umstritten – besonders wenn sie in ein Land gehen sollen, das Menschenrechte massiv mit den Stiefeln seiner Sicherheitskräfte tritt. Erinnern wir uns: Bereits vor gut zehn Jahren sprachen alle Argumente aus friedenspolitischer und menschenrechtlicher Sicht gegen Kriegswaffenlieferungen an Saudi-Arabien.

„Ein Staat in einem Krisengebiet. Ein Staat, in dem die Demokratiebewegung auf eigenem Territorium und im Nachbarland mit Waffengewalt unterdrückt wird. Ein Staat ohne geschriebene Verfassung und landesweite Wahlen. Ein aus westlicher Sicht barbarischer Staat, der Erinnerungen ans tiefste Mittelalter wachruft“, so meine Einführung ins Schwarzbuch Waffenhandel 2013.

Damals kritisierte ich, dass die Große Koalition unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel für die militärischen Geschäftspartner in Riad eine Lizenz zum Eigenbau von G36-Sturmgewehren, die Lieferung von 70 Kampflugzeugen des Typs Eurofighter Typhoon (sprich EF in der Exportversion) und eine mehrere tausend Kilometer langen Grenzsicherungsanlage rund um das Land mit deutscher Beteiligung genehmigt hatte.

Zu den vehementesten Kritiker*innen dieser skrupellosen Rüstungsexportpolitik zählte die Oppositionspartei Bündnis 90/Die Grünen. Wenige Tage vor der Bundestagswahl im September 2021 schaltete sie in den sogenannten Sozialen Medien eine gezielte Werbekampagne gegen Kriegswaffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete.

Mit der neuen Ampelkoalition wurde Robert Habeck (Grüne) Bundeswirtschaftsminister. Sven Giegold, Grüne und vormals attac, avancierte zum – für Rüstungsexporte zuständigen – Staatssekretär. Giegold versprach ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz, das Restriktion gewährleisten, bestehende Gesetzeslücken schließen und mehr Transparenz schaffen sollte.

Zweieinhalb Jahre danach wird die Gesetzesvorlage noch immer unter den Ministerien diskutiert. Ein neuer Gesetzestext ist noch lange nicht verabschiedet. Derweil steigt das Rüstungsexportvolumen exorbitant an. 2023 musste mit einem Gesamtumfang an Exportgenehmigungen in Höhe von 12,2 Mrd. Euro der schlimmste Negativrekordwert aller Zeiten verbucht werden.

Als Sprecher der Kampagne „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!“ kritisierte ich die dramatische Steigerung bei Waffenexporten, unter anderem erzielt durch Kriegswaffenlieferungen an die Ukraine, Israel und Südkorea, in den Medien scharf. Sie sind eine Schande für die Bundesregierung. In der Rüstungsindustrie knallen die Sektkorken.

Giegolds Ausführungen zum katastrophalen Rüstungsexportbericht 2023 entsprachen denen seiner Vorgänger gemäß dem altbekannten Motto: Sage das Gegenteil von dem, was du tust. So vertrat der Wirtschaftsstaatssekretär die Ansicht, „dass die Bundesregierung an ihrer restriktiven Grundlinie bei rüstungsexportpolitischen Entscheidungen festhält, wonach die Frage der Menschenrechte von besonderer Bedeutung für alle rüstungsexportpolitischen Entscheidungen“ sei.

Einer der wirklich wenigen Lichtblicke war die Weigerung der Bundesregierung, die von Großbritannien angeforderten Teilzulieferungen aus Deutschland für Eurofighter-Exporte via Großbritannien nach Saudi-Arabien zu blockieren.

Die Hürden fielen
Vorerst hielten der Kanzler und sein Vize Habeck dem Druck seitens Großbritanniens und auch bei uns stand. Im Januar 2024 fiel dann auch diese letzte Hürde. Bei einer Nahostreise sprach sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, gleichsam Grüne, dafür aus, dass Deutschland die neuerliche Lieferung von Kampfjets des Typs Eurofighter Typhoon an die Militärs in Riad zulassen solle.

Den früher gelieferten 70 EF sollten nunmehr 48 weitere folgen. Saudi-Arabien trage maßgeblich zur Sicherheit Israels bei und wolle die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes eindämmen. „Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen“, so Baerbocks Rechtfertigung. (1)

Mit einem Mal waren all die guten Gründe obsolet, warum das Regime in Riad keinesfalls die gewünschten weiteren 48 EF-Typhoon erhalten könne. Vergessen auch die führende Rolle, die die saudischen Streitkräfte bei der Militärintervention im Jemen-Krieg seit 2015 bis heute spielten und spielen. Vergessen die Tatsache, dass die saudische Royal Air Force mit den zuvor gelieferten Eurofightern zahlreiche zivile Ziele bombardiert und abertausende Zivilistinnen und Zivilisten getötet hatte. Vergessen der Auftragsmord am Journalisten Jamal Kashoggi 2018.

Vergessen all die klaren Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte, die von Seiten der Vereinten Nationen beobachtet und kritisiert wurden.

Katar
Eher im Stillen erfolgte bereits ein nicht minder brisanter Rüstungsexport. Im Sommer 2022 hatte das Fachmagazin Europäische Sicherheit & Technik gemeldet, dass British Aerospace (BAE Systems) den ersten Eurofighter von 24 EF in einer offiziellen Übergabezeremonie im britischen Warton an die Streitkräfte Katars ausgeliefert hatte. Eine der Aufgaben sei der Schutz der Fußballweltmeisterschaft ab November. (2)

Im August 2023 meldete BAE, dass die Hälfte der Kampfjets an die katarische Luftwaffe ausgeliefert worden sei. Zur Erinnerung: Katar zählt zu den engsten Verbündeten der radikalislamischen Hamas, die am 7. Oktober 2023 mehr als 1200 israelische Zivilistinnen und Zivilisten ermordete. Gleichzeitig wurden die deutschen Rüstungsexporte an den Verbündeten Israel von 2022 auf 2023 verzehnfacht. In diesem Sinne agiert die Ampel wie ihre Vorgängerregierungen: Rüstungsexporte an beide verfeindete Parteien sind gut fürs Geschäft. Moral und Ethik - nein danke!

Für die Friedensbewegung bieten diese laufenden bzw. bevorstehenden Exportskandale die Möglichkeit, nachdrücklich die hemmungslose Rüstungsexportpolitik der Ampelkoalition anzuprangern. Solche Proteste könnten unsererseits auch an den relevanten Orten erfolgen: dem Bundeskanzleramt als Sitz des Bundessicherheitsrats und an Produktionsorten von EF-Teilen, wie in Augsburg, Freiburg, Oberndorf und vielen weiteren.

Unsere Forderung muss lautet: Stoppt sofort die Eurofighter-Exporte an Saudi-Arabien und Katar!

Anmerkungen
1 https://www.sueddeutsche.de/politik/israel-krieg-news-liveticker-baerboc...
2 https://esut.de/2022/08/meldungen/36082/erster-eurofighter-an-katar-uebe...

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Hintergrund
Jürgen Grässlin ist Sprecher der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!«, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Sprecher der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD) und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.).