Viel los in 2005

von Mani Stenner

Die Strategiekonferenz der Kooperation für den Frieden war Auftakt für viele Kampagnen und Aktionen von Friedensgruppen im Jahr 60 nach der Befreiung vom Nationalsozialismus und den Atombombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki. Hier der Versuch einer politisch kommentierten Zusammenfassung.

Mit vielen Veranstaltungen erinnern Friedensgruppen 60 Jahre nach der Befreiung an die Opfer des Nationalsozialismus und wenden sich gegen jede Relativierung des Holocaust und jede Aufrechnung mit deutschen Opfern von Flucht und Vertreibung. Wir ziehen beide notwendigen Lehren aus dem zweiten Weltkrieg: Nie wieder Faschismus und nie wieder Krieg!

60 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki wollen viele Friedensorganisationen und -initiativen zusammen mit den "Mayors for peace" weltweit Druck für die Abschaffung aller Atomwaffen machen - auch bei der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags (NPT) im Mai in New York. Wir haben hier diskutiert, wie leicht die Bundesregierung mit dem Verzicht auf die "nukleare Teilhabe" und den Abzug aller in Deutschland verbliebenen Atombomben vorangehen kann. Aktive aus der Bundesrepublik werden an den gewaltfreien Aktionen an belgischen Atomwaffenstandorten am 16. April beteiligen. Es soll ein "Bombspotting XL" werden.

Die Kritik am verbrecherischen Irak-Krieg und dem "Krieg gegen den Terror" in Afghanistan wie Tschetschenien verbindet sich dabei mit dem Aufzeigen von Alternativen der Zivilen Konfliktbearbeitung, der Kooperation zwischen Nord und Süd, einem von Respekt geprägten Umgang mit der arabischen und islamischen Welt und dem Drängen auf eine politische Lösung des Schlüsselkonflikts Israel/Palästina. Die USA wie Israel können nicht dringlich genug vor dem katastrophalen Flächenbrand gewarnt werden, den ein Militärschlag gegen Iran auslösen würde.

Wir wehren uns gegen die im Verfassungsvertrag festgeschriebene Militarisierung der EU und Aufrüstungsprojekte wie das milliardenverschlingende Raketenabwehrsystem MEADS. Wir wollen endlich ein umfassendes Verbot von Rüstungsexporten auch und gerade für Kleinwaffen.

Viele Menschen wehren sich gegen die Kriegseinsatzübungen der Bundeswehr im Bombodrom Wittstocker Heide und anderen Truppenübungsplätzen. Wir unterstützen auch die Proteste gegen die "Sicherheitskonferenz" in München Anfang Februar und viele Gruppen aus der Kooperation für den Frieden beteiligen sich am ersten deutschen Sozialforum in Erfurt, das gemeinsam mit den Gewerkschaften und der globalisierungskritischen Bewegung ausgerichtet wird.

Wir begrüßen auch das Einstein-Jahr 2005, das von Friedensforschern angeregt wurde. Ganz offiziell wird ein Mensch geehrt, der nicht nur Physiker sondern auch Querdenker und Pazifist war - einer von uns ...

... was man von Präsident Bush nicht sagen kann.

Die Drohung mit noch mehr Freiheit haben wir verstanden. Nicht nur die "Vorposten der Tyrannei" (laut Condoleeza Rice: Kuba, Burma, Nordkorea, Iran, Weißrussland, Simbabwe), wir alle werden uns vor den USA in Acht nehmen müssen, wenn "die Ausbreitung der Freiheit in aller Welt" (Bush) Regierungsprogramm ist. Hoffnung macht uns, dass die US-Administration beim nächsten militanten Verbreiten der Freiheit z.B. gegen den Iran international völlig isoliert wäre. Hoffnung machen uns auch unsere Freunde und Verbündeten innerhalb der US-Gesellschaft, auf die wir uns bei den Demonstrationen zum Bush-Besuch in Europa vom 22.-24. Februar berufen können. "Not welcome, Mr. Bush" ist kein antiamerikanischer Slogan. Die Hälfte der US-Bevölkerung teilt ihn mit uns.

Der Protest gegen die imperialen Kriege der US-Regierung richtet sich aber auch gegen die Rolle der deutschen Regierung dabei. Wir haben nicht vergessen, dass bei aller rhetorischen Ablehnung des Irak-Krieges dennoch logistische Unterstützung gewährt wurde. Mit der Lieferung von Transportpanzern und der Ausbildung irakischen Militärs auf dem Territorium der Vereinigten Arabischen Emirate hat sich die Bundesregierung vollends auf die Rutschbahn in den Kombattanten-Status begeben. Für die Besserung des transatlantischen Verhältnisses und das Wohlwollen der USA für den begehrten ständigen Sitz im Sicherheitsrat könnte bald auch das Kanzler-Wort "keine deutschen Soldaten im Irak" gebrochen werden. Eins der bei dieser Konferenz diskutierten Ziele ist, die direkte Beteiligung der Bundesrepublik am verbrecherischen Irak-Krieg zu verhindern und die Unterstützung zu beenden. Wir werden in dieser Frage Kanzler Schröder bis zur Bundestagswahl die Hölle heiß machen. Hier vertreten wir die Mehrheitsmeinung. Dieser Kampf ist zu gewinnen.

Ein anderer unserer Punkte ist schon gewonnen. Wir wissen: Die Wehrpflicht wird fallen, so oder so. Aber wir wollen, dass sie richtig fällt. Kein bloßes Aussetzen, keine anderen Zwangsdienste. Die scheinbar automatische Kehrseite Berufsarmee wollen wir trotzdem nicht. Stattdessen wollen wir eine Armee in unserem von Verbündeten umzingeltem Land grundsätzlich in Frage stellen. Deren Hauptzweck ist jetzt Intervention in fremden Ländern - von Rot-Grün ideologisch verbrämt als "humanitäre Intervention" oder "Krieg gegen den Terrorismus". Wir fordern - besonders auch von den Kirchen - öffentliches Nachdenken über die Konsequenzen aus der Verneinung des "gerechten Krieges". Wir meinen: Wenn Krieg nicht legitim ist, sind es Waffen und Armeen auch nicht.

Wir sind bei dieser Diskussion bereit, über eigene Tabus nachzudenken. Bei einem Paradigmenwechsel zum absoluten Vorrang Ziviler Konfliktbearbeitung (und davon sind die Regierungen in Deutschland und Europa weit entfernt) diskutieren Teile von uns über eventuell notwendige - dann nicht mehr von Nationalstaaten gestellte - Blauhelme der UN zur Einmischung in gewalttätige Konflikte oder drohendem Völkermord. Die Notwendigkeit des Paradigmenwechsels hin zur Zivilen Konfliktbearbeitung ist für uns alle evident. Wir brauchen eine schnelle Umkehr der Aufwendungen für massive und intelligent gehandhabte zivile Mittel in Krisen und Konflikten im Vergleich zu den Aufwendungen für Waffen, Armeen und Krieg.

Der Paradigmenwechsel kann durch innergesellschaftliches Engagement vorgelebt werden. Gewaltfreie Konfliktbearbeitung im sozialen Nahraum wurde das auf der Konferenz genannt. Projekte wie Streitschlichtung in der Schule sind nur ein Beispiel. Soziales und politisches Engagement vieler auch für friedenspolitische Ziele wäre die Frucht in einer lebendigen Demokratie.

Aktionen zum Bush-Besuch
Am 22. und 23. Februar in Brüssel, Mainz, Wiesbaden und vielen Orten der Bundesrepublik

Dienstag, 22.02.2005 Mainz: Aktivitäten am Vorabend des Bush-Besuches in Mainz, ab 17 Uhr, Innenstadt, VA: Bündnis "Not Welcome, Mr. Bush!", Kontakt: Bündnis "Not Welcome, Mr. Bush!" - gegen den Bush-Besuch in Mainz, E-Mail: info[at]notwelcomebush.de, Internet: http://www.notwelcomebush.de

Dienstag, 22.02.2005 Wiesbaden: Demonstration anl. des Bush-Schröder-Treffens in Mainz am 23.02. (und möglicher Besuch der US-Airbase in Wiesbaden-Erbenheim), Auftakt: 17.30 Uhr, FußgängerInnenzone, anschl. Demo durch die Stadt (Fußgängerzone, Kochbrunnen, Taunusstr., Saalgasse, Gr. Schwaltacher Str., Platz der Deutschen Einheit), Kontakt: Arbeitskreis Umwelt Wiesbaden, Rolf Engeler, Rüdesheimer Str. 19, 65197 Wiesbaden, Tel.: 0611/9887400, E-Mail: XXX

Dienstag, 22.02.2005 Brussels (B): Besuch des US-Amerikanischen Präsidenten George W. Bush in Brüssel bei EU und NATO, dazu: Protestaktionen in der Stadt, Details: http://www.motherearth.org/bushwanted/ (21.02.: Kundgebung vor der US-Botschaft, Regentlaan 27 (Blvd. du Régent) 17 Uhr, VA: Voor Moeder Aarde, Vrede, Bond Beter Leefmilieu, Greenpeace BE, Stop USA [http://www.stopusa.be/campaigns/BushBxl/], CNAPD, Forum voor Vredesactie, Kontakt: For Mother Earth, Maria Hendrikaplein 5, B- 9000 Gent, Tel.: 0032/9/2428752, Fax: 0032/9/2428751, E-Mail:griet[at]motherearth.org, Internet: http://www.motherearth.org

Mittwoch, 23.02.2005 Mainz: Aktivitäten gegen den Bush-Besuch in Mainz "Not Welcome, Mr. Bush!" - Für eine friedliche und soziale Welt! - Demostration und Kundgebung in der Mainzer Innenstadt, Kontakt: Bündnis "Not Welcome, Mr. Bush!" - gegen den Bush-Besuch in Mainz, E-Mail: info[at]notwelcomebush.de, Internet: http://www.notwelcomebush.de
 

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