Wenn Soldaten Befehle verweigern - und die Politik einfach nicht reagiert!

von Armin Lauven
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Zum zweiten Mal hat die Pax-Christi-Gruppe Bonn am 5.9.2007 versucht, Mitglieder des Deutschen Bundestages mit dem Bundeswehroffizier Florian Pfaff an einen Tisch zu bringen und im Rahmen einer Podiumsdiskussion ein äußerst wichtiges Thema in die Öffentlichkeit zu transportieren. (Pfaff hatte im Irak-Krieg völkerrechtswidrige Befehle verweigert; vgl. FF 2/07, S. 17 f)

Während im Oktober 2006 in Köln noch etwa 60 Interessierte und ein einziger SPD-Politiker "aus der dritten Reihe" erschienen waren, um mit Florian Pfaff über seine Befehlsverweigerung zu diskutieren, erschienen in Bonn immerhin vier Politiker, darunter eine einzige Bundestagsabgeordnete, aber nur 15 weitere Personen.

Was hält unsere gewählten Volksvertreter - alle im Bundestag vertretenen Fraktionen waren eingeladen und entsprechende Mitglieder des Verteidigungsausschusses hatten zunächst auch zu-, dann wieder abgesagt - davon ab, mit Florian Pfaff zu debattieren?

Offensichtlich wagen die Politiker nicht, sich zum Thema Befehlsverweigerung öffentlich zu äußern: "Die drücken sich!", so ein hochrangiger Mitarbeiter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, eine klare und eindeutige Position dazu beziehen zu müssen, dass

  • die Bundeswehr an völker- und grundgesetzwidrigen Angriffskriegen beteiligt (gewesen) ist (im Jugoslawien-Krieg 1999 ebenso wie in Afghanistan ab 2001 und - durch entsprechende logistische Unterstützungsleistungen - auch im Irak ab 2003) und der Deutsche Bundestag und damit die gewählten Volksvertreter durch ihre Beschlussfassungen die Verantwortung tragen!
  • die Bundeswehr ihre Soldaten zwingt, rechtswidrige Befehle auszuführen und damit gegen das im Grundgesetz verankerte Verbot zu verstoßen, Angriffskriege vorzubereiten und zu führen (Art. 26 GG), obwohl jeder Soldat persönlich dafür haften muss, dass er keine Verbrechen begeht und auch nicht einfach wegsehen darf (§ 5 Wehrstrafgesetz): die oberste Befehlsgewalt liegt beim Bundesminister der Verteidigung!
  • es - bis auf die Bundestagsfraktion der Linken - keinerlei politische Unterstützung für Florian Pfaff gibt bzw. gegeben hat, als er sich zu Beginn des Irakkrieges 2003 konsequent geweigert hat, rechtswidrige Befehle auszuführen, truppendienstgerichtlich gemaßregelt und degradiert worden ist und erst nach hartnäckiger juristischer Auseinandersetzung vom Bundesverwaltungsgericht Recht bekommen hat: dass er seinem Gewissen habe folgen dürfen, Angriffskriege wie gegen den Irak nicht zu begünstigen, weil das Gewissen in solchen Fällen Vorrang habe, da es nicht in erster Linie darauf ankomme, die Mitwirkung der Bundeswehr auch an allen zumindest subjektiv verwerflichen Einsätzen sicherzustellen, sondern es Grenzen gebe, die ein Soldat nicht zu überschreiten brauche!
  • die Bundeswehr in ihren "Hinweisen für Rechtsberater und Rechtslehrer - Umgang mit Soldaten und Soldatinnen, die aus Gewissensgründen Befehle nicht befolgen wollen" fordert, dass Soldaten das Grundgesetz brechen und das Angriffsverbot des Strafgesetzbuches (§ 80) ignorieren, um an Angriffskriegen mitwirken zu können, da derjenige, der keinen Einfluss auf die politische Willensbildung habe, sich nicht auf das Strafgesetz berufen könne!
  • die Bundeswehr SoldatInnen, die sich der Unterstützung völkerrechtlicher Delikte verweigern, bestraft und benachteiligt werden.

Doch zu diesem Skandal vernehmen die Zuhörer von Seiten der Podiumsteilnehmer eher Unverbindliches; einzige Ausnahme ist der Vertreter von Pax Christi, der Florian Pfaff vorbehaltlos unterstützt: die Vertreterin der Linken verweist auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion, der Vertreter der Grünen kennt diese politische Initiative gar nicht und verspricht, in seiner Partei entsprechend aktiv zu werden, ein ehemaliger Bundeswehrgeneral (Vertreter des Vertreters der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, SPD) will sich zur Causa Pfaff gar nicht äußern, da im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ja bereits alles gesagt sei, lediglich die FDP- Bundestagsabgeordnete redet - wider Erwarten! - Klartext, unterstreicht die politischen Freiheitsrechte auch und gerade der SoldatInnen und will sich in ihren Kreisen konkret um die Problematik kümmern; CDU/CSU sind gar nicht präsent (s.o.!).

Fazit: Friedensgruppen und kritische Soldaten, wie z.B. die Mitglieder des Darmstädter Signal, müssen weiterhin konsequent und hartnäckig an diesem Thema arbeiten und vor allem immer mehr Soldaten davon überzeugen, sich grundgesetzkonform zu verhalten und völkerrechtswidrige Einsätze bereits vorsorglich zu verweigern.

Es bleibt die Hoffnung, dass die Politik diesem Thema dann nicht mehr ausweichen kann, wenn eine entsprechend große Zahl verweigernder Soldaten erreicht sein wird!

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Armin Lauven ist Mitglied der Pax-Christi-Gruppe Bonn.