Nachruf: Andreas Buro

Zum Abschied von einem streitbaren Pazifisten

von Redaktion FriedensForum

Der Friedensforscher und streitbare Pazifist Andreas Buro ist am 19. Januar im Kreise seiner Kinder und seiner Partnerin Ursula friedlich eingeschlafen.

Wir trauern um einen Freund und Mitstreiter, der Jahrzehnte der Friedensbewegung geprägt hat wie kaum ein anderer. Geboren am 15. August 1928 in Berlin, Quereinsteiger in die Politikwissenschaft,, war Andreas Buro mit zahlreichen Organisationen und Initiativen der westdeutschen Friedensbewegung verbunden. Es fing an mit seinem Engagement in der Internationale der Kriegsdienstgegner (IdK) und in der Kampagne „Kampf dem Atomtod“ in den 50er Jahren, es folgte die Ostermarschbewegung, außerparlamentarische Opposition gegen Notstandsgesetze und Vietnamkrieg, Mitgründung des Sozialistischen Büros und der Zeitschrift „links“, 1980 dann die Gründung des Komitees für Grundrechte und Demokratie, dessen friedenspolitischer Sprecher er bis zu seinem Tode war. Er war eine der Schlüsselfiguren der Friedensbewegung gegen die neuen Atomwaffen in den 1980er Jahren, auch damals darauf bedacht, den Protest und Widerstand gegen die nukleare „Nach“rüstung zu verbinden mit dem Aufzeigen von Alternativen.

Der grenz- und blockübergreifende Charakter dieser Bewegung lag ihm besonders am Herzen. Die internationale Zusammenarbeit war stets ein Schwerpunkt seiner Aktivitäten, beginnend mit seinem Engagement bei der Organisierung des Friedensmarsches San Francisco – Moskau 1961 und der Mitbegründung der „International Confederation for Disarmament and Peace“ und der World Peace Brigades, über die Mitgründung der „Helsinki Citizens` Assembly“ bis zur Gründung des Dialog-Kreises für türkisch-kurdische Verständigung und für eine politische Lösung des Kurdenkonflikts im Jahre 1995.

Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes 1989 wurde Andreas Buro einer der Gründer der Helsinki Citizens' Assembly (HCA), eines Netzwerkes von demokratischen Basisgruppen in den KSZE (später: OSZE)-Staaten. Er engagierte sich für Flüchtlinge, gegen den Irakkrieg und mit der HCA und dem Komitee für eine grenzüberschreitende Friedensarbeit im ehemaligen Jugoslawien. Zusammen mit anderen aus der deutschen Friedensbewegung gründete er 1992 den Verein „Den Winter überleben“ (später: „Den Krieg überleben“), der bosnischen Flüchtlingen in Deutschland Zuflucht verschaffte. Bis zuletzt war Andreas Buro der Mittelpunkt des Dialog-Kreises und Herausgeber seiner „Nützlichen Nachrichten“.

Andreas Buro war die Benennung von politischen Alternativen zu Rüstung und Militär, die Zivile Konfliktbearbeitung, genauso wichtig wie der widerständige Kampf gegen Kriege und Gewalt. Das rührte aus seiner Überzeugung, dass man die Menschen für die Sache des Friedens und des Pazifismus nur gewinnen kann, wenn glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt wird, wie denn ohne Rückgriff auf Waffen und Militär die vielfältigen Konflikte unserer Zeit bearbeitet und einer Lösung zugeführt werden können. In der 2006 begonnenen Dossier-Reihe des „Monitoring-Projektes“, herausgegeben von der Kooperation für den Frieden, hat Andreas Buro alternative politische Konfliktlösungen ausgearbeitet, u.a. zum Afghanistan-Krieg, zum Iran-Konflikt, zum türkisch-kurdischen und zum Israel-Palästina-Konflikt, und zuletzt auch zum Krieg in Syrien und den Anforderungen an eine umfassende Friedenslösung in Nah-Mittel-Ost. Die bundesweite Kooperation für den Frieden hat er seit ihrer Gründung 2003 begleitet, kritisch unterstützend, immer anregend und freundlich zuhörend,  jederzeit bereit zur Diskussion.

Die von ihm initiierte „Münchhausen“-Initiative veröffentlichte jeden Monat eine ‚Lügengeschichte‘ - Geschichten der großen und kleinen Kriegslügen, mit denen die Menschen zur Gewalt gegeneinander verführt wurden. Für das Friedensforum wie für zahlreiche andere Friedenszeitschriften war er regelmäßiger und geschätzter Autor – es gab kaum ein Heft ohne einen Artikel von ihm, so auch noch in dieser Ausgabe hier.

Andreas Buro wurde für seine friedenspolitische Arbeit 2008 mit dem Aachener und 2013 mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet.

In seinem Buch über die Friedensbewegung „Totgesagte leben länger“ schrieb Andreas Buro: „Sicher ist der Weg zu einer solidarischen Weltgesellschaft ein unendlicher Weg. Wir werden niemals das Ziel ganz erreichen. Deshalb wird zu Recht gesagt, der Weg sei das Ziel, will sagen: Auf dem Weg erreichen wir nur Teilziel um Teilziel. Natürlich verirren wir uns auch, aber wir haben Chancen, zurückzufinden und dann den Weg wieder aufzunehmen. Wäre es nicht ein großartiges und bedeutendes Etappenziel, militärische Gewalt aus dem Arsenal menschlich-unmenschlicher Instrumente auszuklammern? (…) der Weg, über den wir hier sprechen, (kann) ein sehr erfülltes, ereignisreiches und sinnvolles Leben bedeuten.“ (Andreas Buro: Totgesagte leben länger – Die Friedensbewegung. Idstein 1997, S. 204f.). Ein solches Leben hat Andreas Buro bis zum Ende geführt. 

Seine MitstreiterInnen haben Andreas versprochen, seine Arbeit fortzusetzen. Andreas Buro können wir nicht ersetzen, aber das, was er angestoßen hat, werden wir so gut, wie wir es können, weiterführen.

Die Redaktion des Friedensforums: Kristian Golla, Philipp Ingenleuf, Christine Schweitzer, Martin Singe, Otmar Steinbicker, Renate Wanie, in Zusammenarbeit mit Volker Böge (Grundrechtekomitee) und unter Zitation eines Absatzes aus einer von Ulrich Frey verfassten Besprechung von Andreas Buros Lebenserinnerungen.

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