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Des-Investment - eine Strategie der Friedensbewegung?

von Renate Wanie
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Ohne Kredite und ohne Investoren werden kein Panzer, kein G3-Gewehr und keine Bombe gebaut. Banken profitieren vom Kreditgeschäft und von hohen und sicheren Zinsen bei der Finanzierung von Rüstung. Ist Des-Investment möglicherweise eine Strategie der Friedensbewegung? Und was können Friedensbewegte als KundInnen ihrer Bank tun? Diese Fragen stellte die Autorin in einem Redebeitrag auf dem Ostermarsch 2018 vor der Commerzbank in Heidelberg.

Basis ist die 2016 erschienene Verbraucherbroschüre „Die Waffen meiner Bank“, erstellt von den Nichtregierungsorganisationen „urgewald“ und „Facing Finance“. (1) Untersucht wurden deutsche Banken seit 2013 sowie ihre Finanzbeziehungen zu den fünf wichtigsten globalen und nationalen Rüstungsfirmen. Zudem analysiert die Studie Waffeninvestitionen der gängigsten Fonds von deutschen SparerInnen. Diese Broschüre will aufklären, wie es um „die Waffen Ihrer Bank“ steht. (2)

Während des Ostermarsches 2018 durch die Heidelberger Innenstadt wurde die Commerzbank exemplarisch ausgewählt. Hintergrund sind die seit 2008 gültigen Richtlinien der Commerzbank für Rüstungsgeschäfte. (3) Fast alle Bankhäuser verfügen über entsprechende Richtlinien. Um Imageschäden und protestierenden BankkundInnen vorzubeugen, hat sogar ein Teil der deutschen Finanzwelt den Herstellern von Streumunition und Landminen den Geldhahn zugedreht. Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen (NGO), wie z.B. „urgewald“, haben über Jahre massiven Druck ausgeübt. Doch der Praxis-Check offenbart bei der Commerzbank eine löchrige Richtlinie! Laut der Studie gehören zu den Kunden der Commerzbank z.B. „deutsche Rüstungsgrößen wie Thyssen Krupp, Krauss-Maffei-Wegmann oder Rheinmetall, die U-Boote, Panzer oder Munition in Spannungsgebiete wie Israel, Algerien oder Saudi-Arabien liefern“. (4)

Nach der Studie werden die Richtlinien oft nicht konsequent umgesetzt und sind lückenhaft. Es handele sich häufig um Goodwill-Erklärungen von Banken. Kredite für Rüstungsgeschäfte werden nicht wirklich ausgeschlossen. Laut der Studie „Die Waffen meiner Bank“ finanzieren deutsche Banken mit ihren Geldern Waffenschmieden und kriegerische Konflikte.

In besonders negativer Weise ragt der Konzern Rheinmetall heraus. Seine Geschäftspolitik steht für umfangreiche Waffenexporte, weitgehend unkontrolliertes Aufrüsten und trägt so zur Eskalation von kriegerischen Konflikten in Krisenregionen dieser Welt bei. Zudem verlagert der Konzern zunehmend Produktionsstätten ins Ausland, z.B. nach Südafrika und Sardinien, um deutsche Exportkontrollen zu umgehen. Eine verantwortungslose Strategie, so „urgewald“, um „die Konfliktregionen dieser Welt ungestört und hochprofitabel beliefern zu können“, dorthin, wo Menschenrechte keine Rolle spielen und Sicherheitsstandards niedrig sind. (5)

Was ist zu tun?
Ist eine Des-Investment-Kampagne - verwendet wird nachfolgend Divestment (6) - möglicherweise eine Strategie für die Friedensbewegung?  Erinnerung: Divestment war in den 1980er Jahren ein Element  politischer Kampagnen. 1986 wurde z.B. ein Wirtschaftsboykott gegen das südafrikanische Apartheid-Regime organisiert. Öffentliche Investoren wie Gemeinden, Kirchen oder Hochschulen wurden weltweit aufgefordert, ihre Gelder aus wirtschaftlichen Aktivitäten in Südafrika abzuziehen. Auch durch diese Divestment-Kampagne wurde das südafrikanische Apartheid-Regime international in die Isolation getrieben. Das Regime verlor seine Legitimität, 1989 brach es zusammen.

Divestment ist eine politische Strategie. (Sie fordert AnlegerInnen auf, ihr Geld nicht in bestimmten Unternehmen zu investieren. Für die Friedensbewegung geht es um den Entzug von Kapital für Waffengeschäfte, z.B. von Atomwaffenherstellern (z.B. Airbus), die die größte Massenvernichtungstechnologie der Welt betreiben, oder Unternehmen, die Waffen (z.B. Heckler & Koch) exportieren. „Denn ohne Kredite und ohne Investoren werden kein Atomkraftwerk, kein Panzer, kein G3-Gewehr und keine Bomben gebaut! Alle Kriege der Welt brauchen Geld, nur aus diesem einen Grund können sie geführt werden.“ (7) Gespeist wird diese tödliche Industrie mit den Milliarden der Banken und mit „unserem Geld“. Banken profitieren im Anleihe- und Kriegsgeschäft von hohen und sicheren Zinsen und Provisionen, verlockend hoch sind die Renditen im Rüstungsgeschäft.

Selbst aktiv werden
Weitaus höher sind die daraus resultierenden Kosten für Mensch und Umwelt. So sollten wir auch als Privatpersonen unsere Banken kritisch unter die Lupe nehmen und direkt nachfragen, ob sie mein Vermögen auch an Waffenhändler verleihen. „Versicherungen und Fondsgesellschaften verwalten die von Ihnen eingezahlten Beiträge und legen diese direkt oder indirekt über Fonds in Anleihen und Aktien an. Rüstungsunternehmen sind dabei nur selten per se ausgeschlossen. Auf diese Weise profitieren Anleger/innen und Versicherte von Rüstungsgeschäften, z.B. in Form von Dividenden.“ (8) Banken wissen, zwei Drittel ihrer KundInnen lehnen Waffengeschäfte ab und würden die Bank wechseln, doch wer fragt schon nach? „urgewald“ empfiehlt: „Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, dass Ihr Geld sauber angelegt wird und nicht in „Bombengeschäfte“ fließt, sollten Sie Ihre persönlichen Ersparnisse nur bei Geldhäusern anlegen, die Geschäfte mit der Rüstungsindustrie definitiv ausschließen.“ (9) Fragen sind z.B.:

  • Ist meine Bank bombensicher?
  • Wie vermehrt meine Bank das Geld ihrer Kundschaft, meiner Sparanlage? Profitiert sie durch meine Spareinlagen und eventuell durch meine Aktienkäufe auch von Rüstungsbetrieben?
  • Ist meine Bank Kreditgeberin oder Anteilseignerin von Rüstungsunternehmen?
  • Gibt es ökologische und soziale Richtlinien, die z.B. Rüstungsgeschäfte ausschließen?
  • Kurswechsel und Ausschlusskriterien von der eigenen Bank fordern!
  • Oder einen Bankwechsel vornehmen:
  • Kunde/Kundin werden bei einer der vier Nachhaltigkeitsbanken, die jegliche Geschäfte mit der Rüstungsindustrie ablehnen und ihr Geld in sinnvolle Projekte stecken, wie z.B. in  erneuerbare Energien oder soziale Projekte. Beispiele sind die GLS-Bank, Ethik-Bank oder Triodos-Bank. (10)

Verantwortungsbewusste und wechselwillige Kundinnen und Kunden lehren Banken das Fürchten.

Kampagne initiieren
Ein nächster Schritt ist, eine politische Kampagne zu initiieren. Denn Divestment-Kampagnen sind mehr als allgemeiner Protest. Eine Divestment-Kampagne benennt ganz klar GegnerInnen und Ziele: Institutionen wie Kommunen, Universitäten, Banken oder Pensionsfonds werden unter die Lupe und dann ins Visier genommen. Die Appelle heißen:

  • Entziehen wir unseren Banken die Finanzgeschäfte mit der Rüstungsindustrie!
  • Und fangen wir z.B. bei der Kommune an, mit der Forderung von Divestment-Beschlüssen, z.B. im Stadt- oder Gemeinderat, Druck zu machen.
  • Und/oder sprechen wir z.B. Kirchengemeinden an, indem wir sie auffordern, ihre Bankeinlagen zu überprüfen.

Ziel ist, „unser Geld“ nicht in Banken und Firmen zu investieren, die ihr Geld mit Rüstungsgeschäften verdienen. Deshalb sind Divestment-Aktivitäten eine Strategie für die Friedensbewegung. Erste Erfolge einer mehrjährigen Druckkampagne von NGOs: Die Deutsche Bank verbietet Geschäfte mit Herstellern von Streubomben. Nach Aussage von „urgewald“ gibt es bei der Deutschen Bank allerdings keine allgemeine Richtlinie zu Waffenexporten. Der Appell von „urgewald und „Facing Finance“: „Machen Sie eines deutlich: Menschenrechtsbelange dürfen nicht länger ehrgeizigen ökonomischen Renditezielen geopfert werden.“ (11)

Anmerkungen
1 https://urgewald.org/sites/default/files/ff_urgewald_diewaffenmeinerbank... AutorInnen: Barbara Happe, urgewald e.V., Thomas Küchenmeister, Facing Finance e.V.
2 ebd.: „Die Studie "Die Waffen meiner Bank" zeigt, welche deutschen Geldhäuser die großen Rüstungsschmieden mit Kapital versorgen und so die Vermehrung und Entwicklung von Waffen weltweit, selbst in und für Krisenregionen, vorantreiben und teilweise überhaupt erst ermöglichen.“
3 ebd.: S. 11 Waffenbanken-Check
4 ebd., S. 13 Ihre Bank unter der Lupe
5 ebd., S. 29 Rheinmetall
6 Des-Investment ist das Gegenteil von Investment. Verwendet wird der englische Begriff „Divestment“ für Kampagnen, die sich z.B. gegen unethische Kredite von Banken oder Investmentfonds wenden.
7ebd., S. 9 Wie Ihr Geld bei Rüstungsunternehmen landen kann.
8 https://urgewald.org/wechseln-alternativen
9 https://urgewald.org/sites/default/files/ff_urgewald_diewaffenmeinerbank...., S. 13 und S. 39
10  ebd., S. 40 Was tun?
11 ebd.

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