Ramstein

Kampagne „Krieg beginnt hier“

von Markus Pflüger
Krieg beginnt HIER
Krieg beginnt HIER
(c) Krieg beginnt hier

Wir waren selbst erschrocken, wo überall Militäreinrichtungen um uns herum existieren. Rheinland-Pfalz gilt als der ”größte US-Flugzeugträger außerhalb der USA“ – hinzu kommen  aber noch zahlreiche Bundeswehrstandorte, Rüstungsbetriebe und Verzahnungen mit der NATO, wie der Fliegerhorst Büchel. Ja, Krieg beginnt hier, und unsere Kampagne will dem Protest und Widerstand entgegensetzen. Das Motto passt für die zwei benachbarten Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland sehr gut und ist für uns zudem ein politisch-strategischer Ansatz. Dabei sind bundesweite Unterstützung und das Aufgreifen der Idee ausdrücklich erwünscht.

Wir, das sind VertreterInnen der AG Frieden und DFG-VK Trier, Pax Christi und Friedensnetz Saar, GI-Café The Clearing Barrel Kaiserslautern mit dem Military Counselling Network e.V., die Friedensinitiative Westpfalz, unterstützt u.a. von der Aktionsgemeinschaft Dienst für Frieden, Bonn, und inzwischen über 15 weiteren Organisationen, darunter auch Antiatom- und Umweltgruppen.

Wir haben uns angesichts der aktuellen Kriege und drohenden militärischen Eskalationen zusammengesetzt und überlegt, wie wir die komplexe Situation angemessen aufgreifen können und dabei auch 'vor der eigenen Haustür kehren'. Also nicht nur der Blick auf die USA, sondern auch der auf Landes- und Bundespolitik sowie NATO und EU. Heraus kam die Kampagne „Krieg beginnt hier“: Neun Vorträge und neun Aktionen rund um die Themen Drohnen, Atomwaffen, Abrüstung sowie die Militärstandorte von Bundeswehr, NATO und US-Army hier vor Ort.

Die Informations-Kampagne begann mit den Ostermärschen in Kaiserslautern (Air Base Ramstein), Saarbrücken (Karrierecenter) und Büchel (Nukleare Teilhabe) Ende März 2016.

Ein erster Vortrag der Kampagne beschäftigte sich mit zivilen Mitteln gegen den „Islamischen Staat“, ein anderer mit der Selbstverwaltung im kurdischen Rojava. Weitere Vorträge skandalisieren die elektronischen Kampfführung der Bundeswehr in Daun, informieren über Kampfdrohnen für die Bundeswehr und EU, über Kriege als Fluchtursache und das neue Weißbuch der Bundeswehr.

Aktionen sind am 9. April eine Friedensdemonstration und ein Fest mit Flüchtlingen in Kaiserslautern und am 21. Mai eine Friedensaktion in Spangdahlem vor dem Haupttor der US-Airbase. Von 3. bis 5. Juni nehmen die Friedensgruppen am Rheinland-Pfalz-Tag in Alzey teil und protestieren dort gegen die "Militär-Werbeshow" der Bundeswehr.

Die Kampagne endet schließlich zum ”Tag der Bundeswehr“ am 11. Juni 2016 mit einer großen Protestaktion vor der Wehrtechnischen Dienststelle in Trier.

Die wichtigsten Aussagen

Krieg beginnt hier ... aber auch Widerstand und Protest! Von hier  soll Frieden ausgehen. Wir engagieren uns für eine solidarische Welt ohne Kriege, Drohnen und  Atomwaffen, für Abrüstung und Konversion.“ Angesichts von rechter Hetze gegen Flüchtlinge und rechtspopulistischer Agitation ist es uns wichtig zu erklären: ”Wir tolerieren bei der Kampagne keinen Sexismus, Rassismus und Antisemitismus – keine Zusammenarbeit mit Nationalisten, Rechtspopulisten und Nazis! 'Nie wieder Krieg' und 'nie wieder Faschismus' gehören für uns zusammen!

In Rheinland-Pfalz und dem Saarland mit seinen zahlreichen Bundeswehreinrichtungen wird Kriegspolitik entwickelt und werden Großmachtsambitionen ausgebildet. Die Bundeswehr als ‚Speerspitze der NATO‘ unterstützt ein Kriegsbündnis mit seiner aggressiven Kriegspolitik für Wirtschafts- und Machtinteressen. Europa verdichtet sich zunehmend als Militärbündnis, es steht für Militarisierung, Aufrüstungsverpflichtung und Rüstungsgeschäfte. Die europäische Flüchtlingsabwehr FRONTEX und die NATO führen Krieg gegen Flüchtlinge. Im Aufruf heißt es dazu: ”Flüchtlinge und MigrantInnen werden angegriffen und Unterkünfte angezündet, weil rassistische Hetze auch aus der ‚Mitte der Gesellschaft‘ in Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik umgesetzt wird.“ - eine andere Form von 'Krieg hier bei uns', zu der wir ebenfalls Stellung nehmen. Deswegen ist der Kampagne die Abgrenzung von Rechtspopulisten bis Neonazis so wichtig und Solidarität mit Geflüchteten selbstverständlich.

 

Wo beginnt der Krieg genau?

Neben der Militärregion Westpfalz mit Ramstein – inklusive der Relaisstation für die Drohnenmorde - gibt es hier den Truppenübungsplatz Baumholder und die US-Airbase Spangdahlem. Die deutsche Landes- und Bundespolitik unterstützt diese US-Kriegsmaschinerie. Bei der Aktion in Spangdahlem werden auch die Kollateralschäden vor Ort thematisiert: Lärm, Abgase und verseuchte Weiher und Flüsse. Hinzu kommt der Fliegerhorst Büchel mit den US-Atombomben, aktuell unterstützen Bundeswehr-Tornados aus Büchel den Krieg in Syrien. Und schließlich die zahlreichen Bundeswehreinrichtungen von der Elektronischen Kampfführung Daun, über Fallschirmjäger im Saarland, das Militärkrankenhaus Koblenz bis zum Landeskommando mit Stelle des Militärgeheimdienstes MAD in Mainz. Wir haben eine Karte dazu auf unserer Website, die zeigt, wo der Krieg überall beginnt. Auch Rüstungsbetriebe wie Diehl in Nonnweiler und das Mercedes-Benz-Werk in Wörth werden thematisiert. Ein Ansatz, um Menschen vor Ort anzusprechen und zu zeigen, was wir hier mit weltweiten Kriegen zu tun haben.

Krieg ist kein Volksfest!“: am 11.6. zum Protest nach Trier

Besonders perfide ist die wehrtechnische Dienststelle (WTD) 41 in Trier: Die WTD optimiert Kriegsgerät für die Bundeswehr, aber auch für die Rüstungsindustrie. Mit dem WTD-Qualitätssiegel lassen sich Waffen noch besser verkaufen, auch an Diktaturen. Daher protestieren wir als Abschluss unserer Kampagne am 11.6. vor der WTD. Gegen den „Tag der Bundeswehr“, zu dem Zehntausende BesucherInnen erwartet werden, setzen wir unseren Slogan „Krieg ist kein Volksfest!“ An 14 weiteren Orten gilt es am 11. Juni bundesweit klar zu machen: Kein Tag der Bundeswehr!

Nicht nur gegen US-Kriegspolitik und US-Drohnen

Die Kampagne will bewusst nicht nur die berechtigte, aber oft einseitige Kritik am US-Imperialismus, sondern auch die Anteile unserer Politik hier in den Blick nehmen. Der Ansatz „Krieg beginnt hier“ verdeutlicht auch die deutsche und europäische Beteiligung und Verantwortung an der weltweiten Kriegspolitik: Beispiele Büchel oder EU-Drohne. Bundeswehreinrichtungen, Rüstungsbetriebe und Kriegsflughäfen bieten sich an, um mit Kriegskritik vor Ort anzusetzen. Der Ansatz „Krieg beginnt hier – unser Protest und Widerstand auch“ lässt sich so an vielen Orten umzusetzen. Der Krieg scheint weit weg, doch der Startpunkt ist bei uns vor der Haustür, ebenso wie die weltweiten Folgen von Rüstungsexporten und Kriegen: Menschen, die hier bei uns Zuflucht suchen. In der Kampagne werden Fluchtursachen und unser Anteil genauso thematisiert wie die Frage, was wir konkret tun können.

Die Kampagne sucht Unterstützerinnen und Unterstützer: Einzelpersonen sowie Gruppen und Organisationen können ihre Unterstützung der Kampagne auf der Website erklären. Hier auch weitere Informationen und Details zu den Friedensaktionen.

Interview zur Kampagne: IMI-Standpunkt 2016/007 - in: junge Welt, 12.03.2016 »Abrüstung und Umverteilung, nicht Kriegspolitik«:  www.imi-online.de/2016/03/15/abruestung-und-umverteilung-nicht-kriegspolitik/. Website der Kampagne: www.krieg-beginnt-hier.de

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Markus Pflüger ist seit 1983 in der Friedensbewegung, nach Zivildienst und Studium seit 2000 in Trier als 'Referent für Friedensarbeit' bei der Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V., tätig, Mitglied der DFG-VK und im Beirat der Informationsstelle Militarisierung sowie im Antiatomnetz Trier aktiv.