20 Jahre Frauennetzwerk für Frieden e.V.

Mit der Genderbrille ins neue Jahrzehnt?

von Elise Kopper
Feier zum 20-jährigen Bestehen des Frauennetzwerks für Frieden
Feier zum 20-jährigen Bestehen des Frauennetzwerks für Frieden
( c ) Frauennetz für Frieden

Gender und das Frauennetzwerk für Frieden, passt das zusammen? Heide Schütz, Vorsitzende des FNF, meint: „Natürlich! Das ist kein Widerspruch, sondern seit vielen Jahren ein wichtiges Thema für uns. Gender ist eine erweiterte Perspektive auf alle Geschlechter und das kann auch auf der Grundlage eines solidarischen, selbstbewussten ‚Frauenverständnisses‘ geschehen.“ Genderfragen im Kontext von Krieg und Frieden sind zum Beispiel: Welche Rollen spielen Frauen und Männer in Kriegen, Konflikten und Friedensprozessen – und warum? Gibt es einen feministischen Friedensbegriff? Was bedeutet es, als weibliche Friedensfachkraft in einem Projekt in Afrika zu arbeiten? Und wie geht die Friedensbewegung mit Geschlechterfragen um?

Diese und weitere Fragen lockten am Samstag, dem 24.09.2016, mehr als 100 Besucherinnen und Besucher in die Räume der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in Bonn. Anlass für die Veranstaltung war das 20-jährige Jubiläum des Frauennetzwerks für Frieden e.V. (FNF). Auf dem Symposium „Fokus Gender im Friedensengagement: deutsche und europäische Perspektiven“ unter der Moderation von Oliver Knabe, Geschäftsführer des Forum Ziviler Friedensdienst, diskutierten die eingeladenen ReferentInnen die Bedeutung einer Geschlechterperspektive auf vier Ebenen des Friedensengagements: Friedenspolitik, Friedensbewegung, Friedens- und Konfliktforschung sowie praktische Friedensarbeit. Barbara Lochbihler, Mitglied des Europäischen Parlaments, ehemalige Geschäftsführerin von amnesty international Deutschland und ehemalige Generalsekretärin der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPF) in Genf, bot einen Überblick über diverse Dokumente und Initiativen zum Thema Frauen, Frieden und Sicherheit im Kontext der europäischen Friedens- und Sicherheitspolitik. Ralf Buchterkirchen, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), stellte aus Sicht der Friedensbewegung die Verknüpfung zwischen Antimilitarismus, post-kolonialen Strukturen und Geschlechterfragen her. Simone Wisotzki, Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), nahm die Teilnehmenden in die Welt der Wissenschaft mit und stellte die feministische Kritik an den Definitionen grundlegender Begriffe wie „Gewalt“ und „Frieden“ vor. Katharina Tangri, Rechtsethnologin und Friedensfachkraft, teilte ihre persönlichen Erfahrungen mit Geschlechterrollen in der praktischen Friedensarbeit in ihren Auslandsprojekten in Uganda und Kenia mit den Anwesenden.

Gerade die Gesamtschau der vier Referate machte deutlich: Die sprichwörtliche „Genderbrille“ bringt auf allen Ebenen des Friedensengagements einen Mehrwert. Sie stellt bisherige Annahmen in Frage, erweitert den Blickwinkel und vervollständigt Analysen. Das abschließende Plädoyer der ReferentInnen, das Genderthema immer wieder auf die Tagesordnung zu bringen und die Vernetzung unter den Gender-Fachleuten in der Friedensszene weiter voranzutreiben, nahm das FNF gerne auf. Die Beiträge zum Symposium werden ausführlich dokumentiert und Anfang 2017 als Beilage zur Fachzeitschrift „Wissenschaft und Frieden“ erscheinen.

Dem Symposium schloss sich die Festveranstaltung zur Feier des 20-jährigen Jubiläums des FNF an. Im Mittelpunkt standen explizit die FrauenFriedensarbeit des FNF, seiner Mitgliedsorganisationen und Ehrenmitglieder. Regine Mehl, Leiterin des Postgraduierten-Programms im Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), führte als Moderatorin durch den Abend. In einem ersten Podiumsgespräch schilderten Erika Christmann, Anna Maria Mayntz, Margret Otto und Heide Schütz aus dem FNF-Vorstand ihre ganz persönlichen Beweggründe für ihr Friedensengagement, erzählten von Höhen und Tiefen aus 20 Jahren Friedensarbeit sowie von einigen Leuchtturmprojekten des FNF, so z.B. von der Gründung des Deutsch-Tschechischen Forums der Frauen 1996, vom Projekt 1000 FriedensFrauen weltweit, von der Umsetzungsarbeit der UN-Sicherheitsratsresolution 1325 in Deutschland und der Erinnerungsarbeit an die erste weibliche Friedensnobelpreisträgerin, Bertha von Suttner.

Ein Highlight war noch einmal zum Abschluss die Interviewrunde mit Marianne Großpietsch (Shanti Leprahilfe), Susanne Hertrampf (WILPF/IFFF), Suraya Hoffmann (FrauenWege Nahost) und Heide Serra (AMICA e.V.). Die vier FriedensFrauen, allesamt über ihre Organisationen oder als Ehrenmitglieder mit dem FNF verbunden, berichteten von Chancen und Herausforderungen ihrer Arbeit zu Frauen- und Mädchenrechten, Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung.

Durch die eindrücklichen Berichte wurde deutlich, wie wichtig FrauenFriedensarbeit ist – hier in Deutschland und weltweit in Krisengebieten und Entwicklungsländern. Auch das FNF möchte seine Arbeit im dritten Jahrzehnt seines Bestehens fortsetzen, ist dafür aber auf Verstärkung aus jüngeren Generationen angewiesen. Interessierte Frauen sind herzlich eingeladen, unter info [at] frauennetzwerk-fuer-frieden [dot] de unverbindlich mit dem FNF in Kontakt zu treten.

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Mitglied des Vorstands im Bund für Soziale Verteidigung e.V., Geschäftsführerin beim Frauennetzwerk für Frieden e.V. und Referentin für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit bei erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung e.V.