Ostermärsche

Oft totgesagt, immer noch lebendig

von Redaktion FriedensForum

Bundesweit fanden dieses Jahr an den Ostertagen rund 80 Demonstrationen, Kundgebungen, Friedensgottesdienste und andere Aktionen statt. Auch wenn die TeilnehmerInnenzahlen eher nach Hunderten als nach Tausenden pro Veranstaltung zu bemessen waren: Die Aktualität und Dringlichkeit der Themen wurde in den vielen Kundgebungsbeiträgen mehr als deutlich. Das Netzwerk Friedenskooperative hat auf seiner Website eine Reihe dieser Reden dokumentiert. Die meisten schnitten die Diskussion um das kurz vor Ostern veröffentlichte Grass-Gedicht an und erklärten sich solidarisch mit seinen Anliegen. Der Kasseler Friedensratschlag schrieb, die Stimmung auf den Märschen akkurat skizzierend: „Nicht Günter Grass gehört an den Pranger, sondern diejenigen PolitikerInnen, die weiterhin an der Eskalationsschraube im Nahen und Mittleren Osten drehen, indem sie den Iran mit Wirtschaftssanktionen immer mehr in die Enge treiben. Die logische Folge des Sanktionsregimes aber heißt Krieg.“

Zum Abschluss der Ostermärsche forderte das Netzwerk Friedenskooperative konstruktives Verhalten der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder, Deutschlands und Irans bei ihrer bevorstehenden neuen Verhandlungsrunde zum iranischen Atomprogramm in Istanbul. Umfangreiche internationale Kontrolle und Sicherstellung des zivilen Charakters des iranischen Atomprogramms seien erreichbar z.B. durch das Angebot eines Nichtangriffspaktes, der Durchführung der beabsichtigten UN-Konferenz für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten sowie der Aufhebung der die iranische Bevölkerung treffenden Sanktionen. Nur so könne die akute Gefahr von Militärschlägen und eines darauf sicher folgenden Flächenbrandes in der Region abgewendet werden.

Darüber hinaus forderten die Initiativen gemeinsam mit der Anti-AKW-Bewegung weltweit auch die Verschrottung aller Atomwaffen und aller AKWs. Unabhängig davon, ob der Iran tatsächlich „nur“ eine sog. „friedliche“ Nutzung von Atomenergie anstrebt oder nicht – wir haben in Tschernobyl und Fukushima gesehen, welche Gefahren mit jeder Nutzung von Kernspaltung einhergehen.

Wie Peter Struynski vom Kasseler Friedensratschlag betont, haben die Ostermärsche 2012 haben darüber hinaus deutlich gemacht, dass der Krieg in Afghanistan umgehend beendet werden müsse. Das versprochene Abzugsdatum Ende 2014 bedeute – wenn es denn überhaupt eingehalten würde – weitere zwei Jahre grausamen Krieg, unter dem hauptsächlich die Zivilbevölkerung leiden muss. Auch in zwei Jahren wird es heißen: "Nichts ist gut in Afghanistan". Schon bis heute hat der zehneinhalbjährige Krieg über 100.000 Menschen das Leben gekostet. Die Forderungen der OstermarschiererInnen lauten daher nach wie vor: Sofortiger und bedingungsloser Abzug der Truppen aus Afghanistan und Erhöhung der Mittel für den zivilen Aufbau des Landes!

Ein weiteres zentrales Thema bei den diesjährigen Ostermärschen war der Waffenexport, wie Strutynski schreibt. Deutschland, so wurde in fast allen Ostermarsch-Reden hervorgehoben, ist in die Spitzengruppe der größten Waffenexporteure der Welt (dritter Platz hinter USA und Russland) aufgestiegen und somit verantwortlich für die Versorgung der halben Welt (geliefert wird in über 80 Staaten) mit todbringenden Waffen. Waffen die von Regimen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden können, Waffen die in Bürgerkriegen - häufig auf allen Seiten der Fronten - Verwendung finden, Waffen, die in Spannungsgebieten zu immer weiterer Aufrüstung beitragen. Waffenexporte insbesondere in die Dritte Welt behindern Entwicklung und verschärfen Spannungen. Sie sind zu stoppen. Waffenexporte sind generell zu verbieten – das war eine weitere wichtige Botschaft der Ostermärsche.

Der Schlüsselkonflikt Israel/Palästina, der Konflikt in Syrien und das Verbot aller Rüstungsexporte sowie konsequentes Vorgehen gegen neonazistische Umtriebe waren laut Friedenskooperative weitere Schwerpunkte der diesjährigen Ostermarsch-Aktionen. Auch der zunehmenden Werbung der Bundeswehr an Schulen und in öffentlichen Veranstaltungen würden sich Schüler- und Friedensinitiativen verstärkt entgegenstellen.

"52 Jahre fast ununterbrochene Tradition einer politischen Aktionsform müssen andere soziale Bewegungen uns erst mal nachmachen", schrieb Netzwerk-Geschäftsführer Manfred Stenner und hob den Wert von "in langen Jahren gereifter Kompetenz friedenspolitischer Arbeit der Initiativen und Organisationen aus der Friedensbewegung" hervor. Und Peter Strutynski, Sprecher des Friedensratschlags Kassel, endete sein Resümee der Ostermärsche mit dem Vorschlag, „die Ostermärsche doch künftig an Weihnachten durchzuführen, weil dann die Temperaturen angenehmer seien“.

Dieser Beitrag wurde von der Friedensforums-Redaktion zusammengestellt aus den Abschlusserklärungen zu den Ostermärschen des Kasseler Friedensratschlags (Peter Strutynski) und des Netzwerks Friedenskooperative (Manfred Stenner). Siehe: http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/om2012.htm

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