Waffenexporte ins südliche Afrika

von Rudi Friedrich

Es geht um Waffen. Es geht um Kriegsvorbereitung. Und es geht um Summen, die geradezu zu Korruption und Bestechung einladen. Der Waffenexport floriert, Deutschland ist der größte Waffenexporteur der Europäischen Union und liegt hinter den USA und Russland weltweit an dritter Stelle der Waffenlieferanten. Mit einer Veranstaltungsreihe macht derzeit der angolanische Journalist Emanuel Matondo auf die Bedeutung für das südliche Afrika aufmerksam.

In den letzten Monaten haben vor allem die Waffengeschäfte mit Angola Aufmerksamkeit erlangt. „Deutschland strebt ein Rüstungsgeschäft mit der Kriegsmarine des südwestafrikanischen Staates Angola im Umfang von mindestens 60 Millionen Euro an“, so Die Zeit am 13. Juli 2011. „Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit Staatspräsident José Eduardo dos Santos in der Hauptstadt Luanda gesagt. Dabei gehe es um sechs bis acht Patrouillenschiffe.“ Zugleich strebe Angela Merkel eine Energie- und Rohstoffpartnerschaft mit Angola an. „Deutschland könne von dem rohstoffreichen Angola profitieren.“

Hier wird offenherzig dokumentiert, dass das Waffengeschäft ein Türöffner sein soll, um Einfluss in einem Land zu erhalten, das immense Öl- und Gasvorkommen hat. Angola spielt auch als bedeutende Regionalmacht neben Südafrika für die deutsche Afrika-Politik in ökonomischer wie militärischer Hinsicht eine wichtige strategische Rolle.

Ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg wurde 2002 nach dem Tod des Führers der Nationalen Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas (UNITA) beendet. Nach wie vor regiert die Volksbewegung zur Befreiung Angolas (MPLA) unter dem Präsidenten Jusé Eduardo dos Santos. Die Regierung gilt als korrupt. Der vor allem der Ausweitung der Ölförderung zu verdankende wirtschaftliche Boom kommt in erster Linie Vertretern des Militärs und der herrschenden Elite zugute. Die 2010 verabschiedete neue Verfassung stärkte zudem die Stellung der Regierungspartei MPLA und insbesondere des Staatspräsidenten.

„Das Regime in Angola dürfte andere Sorgen umtreiben als das Schicksal der armen Bevölkerung“, so Emanuel Matondo. „Als wachsender Regionalmacht geht es Luanda um die Kontrolle nicht nur der eigenen Erdölfelder und der Erdölenklave Cabinda, sondern auch über die ganze Region von der DR Kongo und Kongo-Brazzaville bis hinauf in den Golf von Guinea. Die gesamte Region verfügt über riesige Öl- und Gasvorkommen. Ferner gilt es, die Seewege vor den Küsten unter Kontrolle zu bringen.“

Ganz in diesem Sinne geht es bei dem geplanten Waffengeschäft mit deutschen Rüstungsfirmen „um die Lieferung von Korvetten und Patrouillenbooten“, so das Auswärtige Amt am 22. Oktober 2010 an den Abgeordneten Paul Schäfer, also um die Lieferung von Kriegsschiffen.

„Angola braucht keine Waffen, sondern einen Friedensprozess“, kritisierte Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rotenburg-Stuttgart am 15. Juli 2011. Die Diözese hatte im März 2011 mit der angolanischen Bischofskonferenz und Caritas Angola einen internationalen Friedenskongress in Luanda ausgerichtet. Irritiert zeigte sich der Bischof über „die Begründung, man wolle dazu beitragen, dass regionale Konflikte in Afrika durch regionale Truppen befriedet werden“. Das rede der Verschärfung kriegerischer Spannungen mit den Nachbarstaaten das Wort. Zudem lebe „der überwiegende Teil der Bevölkerung in Elendsquartieren und bitterer Armut“, so der Bischof.

Südafrika
Nach Angaben der deutschen Bundesregierung war Südafrika 2003 der zweitwichtigste, 2004 und 2005 sogar der wichtigste Abnehmer deutscher Rüstungsgüter außerhalb der EU- und NATO-Staaten. Grund dafür war ein 1999 abgeschlossenes umfangreiches Waffengeschäft, mit dem deutsche Firmen U-Boote und Fregatten an Südafrika lieferten. Das geschah angesichts einer Situation in Südafrika, als nach dem Ende der Apartheid die Bevölkerung auf eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensbedingungen hoffte und zudem die Kriege und Konflikte mit den Nachbarstaaten beendet werden konnten. Wie sich in den letzten Jahren abzeichnete, war der Rüstungsdeal mit hohen Schmiergeldzahlungen verbunden und beschäftigte in den verschiedensten Ländern Staatsanwaltschaften und Gerichte.

Während der Apartheid hatte die damalige Regierung in Erwartung des Embargos eine eigene Rüstungsindustrie aufgebaut, um Waffen und Munition zur Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung und für die Kriege mit den Nachbarstaaten produzieren zu lassen. Der Rüstungssektor galt zwischenzeitlich als veraltet. Aber offensichtlich konnte mit massiven Rüstungsimporten, mit denen es auch zu Technologietransfer kam, die Rüstungsindustrie stabilisiert werden. So wird Südafrika selbst zu einem Waffenexporteur. Die staatliche Waffenfirma Denel, die automatische Waffen, Hubschrauber, Raketen, Drohnen, Lenkwaffen und einiges mehr produziert, vermeldete im Juli 2011, dass die Firma zum ersten Mal seit zehn Jahren Gewinn erwirtschaftet habe und vor einem größeren Exportauftrag in den Nahen und Mittleren Osten stehe.

Offensichtlich beabsichtigt Südafrika, die alte regionale Hegemonialstellung abzusichern und auszubauen. Belege dafür sind die militärische Intervention in Lesotho 1998 und die Beteiligung an der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo ab 2001. Vor allem im Kontext von „friedensschaffenden“ oder „friedenserhaltenden“ Maßnahmen setzt Südafrika Militär in anderen afrikanischen Ländern ein. Das Land ist zudem maßgeblich an der Bildung einer grenzübergreifenden Einheit im Rahmen der Entwicklungsgemeinschaft für das südliche Afrika (SADC) beteiligt.

Namibia
Namibia ist seit 1990 ein unabhängiger Staat, nachdem mit dem Ende der Apartheid in Südafrika die Besetzung des Mandatsgebiets endete. Seit 1993 unterstützt die Bundeswehr Namibia im Rahmen der Ausstattungshilfe, mit der Begründung, dass es eine besondere Verantwortung von Seiten Deutschlands gegenüber Namibia aufgrund des Völkermordes 1904-1908 zur Niederschlagung des Aufstandes der Herero und Nama gebe.

Anfang der 1990er Jahre hatte Deutschland vor allem MAN-Lastwagen sowie Zubehörteile für Militärfahrzeuge geliefert. Nach den offiziellen Angaben in den Rüstungsexportberichten der Bundesregierung wurden von 2000-2009 vor allem Kleinwaffen geliefert, aber auch Produktionsanlagen zur Herstellung von Waffen sowie Zubehör für Flugzeuge. Die erste Lieferung von Produktionsanlagen erfolgte im Jahre 2000, als sich Namibia am Zweiten Kongokrieg beteiligte.

Von 1998 an setzte Namibia auch Truppen auf der Seite der Regierung der Demokratischen Republik Kongo im Zweiten Kongokrieg ein, in dem vor allem Kleinwaffen für die Verheerungen benutzt wurden. Namibia stellte keine größeren Truppenkontingente, versorgte allerdings Angola und Simbabwe mit Waffen.

In Windhoek ist ein Team von fünf Beratern der Bundeswehr stationiert. Auf der Website der deutschen Botschaft ist zu lesen: „Bisher wurden fünf Vereinbarungen mit insgesamt ca. 20 Mio. Euro abgeschlossen. Die derzeit laufende Tranche von 4 Mio. Euro endet im Dezember 2012. Schwerpunkt der Unterstützung war bis Ende 2008 die Einführung des SAP-basierten ILS (Integrated Logistic System), mit gleichzeitigem Aufbau der dazu notwendigen Infrastruktur, die Bereitstellung der notwendigen Hard- und Software, PC-Training sowie systembezogene Ausbildung von logistischem Personal der Namibian Defence Force (NDF). Das Projekt umfasste die Vernetzung aller größeren Militärstützpunkte (bis auf Btl-Ebene) in Namibia. Das Projekt wurde im September 2008 übergeben. Die Beratergruppe stellt die Nachbetreuung sicher.“

Bei der Übergabe des Logistiksystems, so die Journalistin Petronella Sibeene aus Windhoek im Mai 2006, „wurde herausgestellt, dass Logistik das Rückgrat jedes Produktionsprozesses ist. Nach Angaben des Verteidigungsministers Charles Namoloh würden Operationen ohne logistische Unterstützung zum Stillstand kommen und Soldaten müssten bei friedenserhaltenden Missionen mit großer Wahrscheinlichkeit leiden, wenn sie nicht durch die Logistikbataillone unterstützt werden.“ Der Verteidigungsminister vergaß wohl hinzuzufügen, dass dies erst recht bei Kriegseinsätzen der Fall ist.

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