Auch ganz buchstäblich genommen
Auch ganz buchstäblich genommen

In dieser kleinen Blogserie wird Putins Krieg aus einer etwas anderen Sicht dargestellt. Aus der eines russischen Politikstudenten nämlich, der beim Netzwerk Friedenskooperative sein Praktikum macht. Das Hauptziel besteht zum einen darin, die (Hinter)gründe dieses Krieges zu erläutern, welche in der hiesigen Presse unzureichend, wenn überhaupt, vorkommen. Dabei besteht kein Anspruch auf Exklusivität, ich vermeide die unnötige Emotionalisierung und halte mich nicht für einen „Insider“, der die verborgene Wahrheit zu wissen glaubt. Zum anderen könnte die Perspektive eines „waschechten“ – sprich: eines nicht in Deutschland aufgewachsenen – Russen von einem gewissen Interesse sein. Mein Name ist Alexander Zaslawski, ich bin in Moskau geboren und aufgewachsen. Mit 19 verschlug es mich zufällig nach Deutschland. Jetzt studiere ich Politikwissenschaft an der FU Berlin. Fast mein gesamtes Leben verbrachte ich unter Putins Herrschaft. Ein anderes Russland kenne ich also nicht.

Erst seit der Auswanderung befasste ich mich gründlich mit diesem Regime, was eine für die nüchterne Betrachtung notwendige persönliche Distanz erlaubt. Trotzdem möchte ich keine trockenen Texte erstellen, wie man sie aus einer wissenschaftlichen Publikation kennt, und die die Intention hinter dieser Serie untergraben würden. Deswegen gleich der Hinweis: Es ist immer im Kopf zu behalten, wer diese Zeilen schreibt.

In wöchentlichen Abständen erscheinen hier die Textbeiträge. Gleich am Anfang möchte ich mich mit dem Oberbefehlshaber des Angreiferlandes, Wladimir Putin, und seiner jetzigen Denklogik befassen. Im Anschluss daran komme ich der Frage nach, was die Russen im Land über den Krieg denken und wie sie Putins Handlungen einschätzen. Dasselbe zu fragen gilt auch für die russische Diaspora weltweit, auch die Initiativen der im Ausland lebenden Russen werden in der dritten Folge aufgegriffen. Da sich Russland in einen Pariastaat par excellence verwandelte und neulich sogar den Iran als das meistsanktionierte Land der Welt entthronte, kommt zwangsläufig die Frage auf: Wie ist mit dem heutigen Russland umzugehen? Die praktische Bedeutung der verheerenden Sanktionen für die russische Bevölkerung soll im fünften Teil der Blog-Serie erläutert werden. Putins System ist nicht überlebensfähig, doch wie sieht es mit der zukünftigen Landesführung aus? In Teil sechs wage ich einen Blick in die Zukunft nach dem Krieg: in Russland sowie in der Ukraine. Im letzten Teil wird es um die russisch-ukrainische Versöhnung gehen. Denn Versöhnung bedeutet viel mehr als bloßer Frieden, von Russland verlangt sie kollektive und ernstgemeinte Reue, von der Ukraine kollektive und ernstgemeinte Verzeihung. Es wird aber noch dauern, bis Russland als Staat die Ukraine um Verzeihung bittet.

Diese Blogserie erstelle ich im Rahmen meines Praktikums beim Netwerk Friedenskooperative. Ich freue mich über Anregungen, Feedback und Kritik. Ich bin unter a [dot] zaslawski [at] friedenskooperative [dot] de (a.zaslawski[at]friedenskooperative.de) zu erreichen.