Jenseits des Verteidigungsauftrags der Bundeswehr

Drehkreuz militärischer Gewalt in unserem Land

von Bernhard Trautvetter

Vom 9. bis zum 11. Oktober fand in Kalkar die NATO-Konferenz "Kriegsführung im 21. Jahrhundert" statt. Es ging dabei im Untertitel um die Frage, ob Luft-Kräfte einen Aufstieg oder einen Niedergang in ihrer Wichtigkeit erleben.

Laut Website des Joint Air Power Competence Centre (http://www.japcc.de/combat air.html) war Ziel der Konferenz, Luft- und Raumfahrt auf Herausforderungen des 21. Jahrhunderts abzustimmen. Dazu bedürfe es der der Integration von Luft-, Raumfahrt- und Cyber-War-Strategien über das Internet mit elektronischer Kriegsführung.

Der Name `Combat Air` heißt Luftschlacht. Dieser Militärzweig in Kalkar ist laut Web-Text verantwortlich für die Koordination und Entwicklung von Strategien, Partnerschaften für sog. `Friedensprogramme`, elektronische Kriegsführung, Bekämpfung feindlicher Verteidigung, Luft-See-Operationen und die Steuerung von Präzisionsmunition, die mit abgereichertem Uran die Härte erlangt, präzise Panzer und Bunker zu durchdringen. Kalkar ist auch für bemannte und unbemannte Luftschlacht-vehicle, also Drohnen, zuständig. De MaiziŠres aktuelle Planungen werden hier konkret: Drohnen werden für völkerrechts- u. menschenrechtswidrige Exekutionen `weicher Ziele` (Menschen) angewandt. Die USA praktizieren dies im Jemen, in Pakistan und anderswo über Staatsgrenzen hinweg und auch noch mit häufiger Tötung Unbeteiligter. Das ist nicht nur juristisch intolerabel, sondern es bedeutet auch nicht-hinnehmbaren Mord und Totschlag.

Die Space-Kapazitäten entwickelt die Nato u. a. in zweijährigen `Schriever-Games`. (http://japcc.de/fileadmin/user_upload/Reports/Flyer/Flyer_5/20
12-06-04_JAPCC_Flyer_Ed-5_web.pdf). Hier erfährt man, dass die Koordination, die `Missions-Effektivität`, die Kraft zum Durchhalten und Wiedererstarken so gesteigert und die Risiko-Anfälligkeit so gemindert werden können, dass die Wichtigkeit des Durchspielens von Krieg nicht hoch genug eingestuft werden kann. Es werden Luft-, Raumfahrt- und Cyber-War- (Internet-basierter Datenkrieg) Komponenten verknüpft: "Das Spiel ist an die Anforderungen angepasst, die eigene Freiheit im Raum- und Cyberkrieg zu unterstützen." (website a.a.O, Übersetzung BT) Der Cyber-Krieg findet bereits statt, wie der Wurm Stuxnet zeigt, den Israel und die USA für einen Angriff auf iranische Atomanlagen entwickelten. "Das Cyberkrieg-Programm sei noch zu Zeiten von ... George W. Bush aus der Taufe gehoben worden. Erst in der Amtszeit des ... Präsidenten seien ... Computerexperten mit dem komplexen Wurm fertig geworden." (Stern online 21.6.12)

2003 fand der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen den Irak statt, zu dem die Air Space Power Course Website einen Link anbietet, wo es heißt, dass die Koordination von Luft- und Raumfahrt entscheidend für den Sieg gewesen sei. Für diese Koordination steht Maj P. Verroco, Chef der Nato Luft- und Raum-Politik und Nato-Stratege der JAPCC in Kalkar.

Protest in Kalkar
Wir müssen auf Einhaltung des Grundgesetzes drängen, demzufolge die Bundeswehr ein Verteidigungsinstrument ist, das allein auf Basis eines Bundestagsbeschlusses eingesetzt werden kann.

Die Ostermarsch-Bewegung demonstrierte am 3.10.2012 in Kalkar für die Einhaltung des Friedensgebots des Völkerrechts. Sie begann den friedlichen Widerstand gegen diese insgeheim laufende Militarisierung. Am 24.4.12 sagte Gen.ltn Schelzig, auch in Kalkar... sei "das Thema Auslandseinsatz allgegenwärtig" (IDLW). Das Kriegsplanungszentrum in Kalkar muss also ersatzlos geschlossen werden, denn die Bundeswehr darf nur Angriffsabwehr sein, die Nutzung bewaffneter Drohnen darf nicht beginnen. Krieg darf nicht von hier ausgehen.

Das Ostermarschkomitee Rhein-Ruhr schrieb einen von Willi Hoffmeister unterzeichneten offenen Brief an NRW-Ministerpräsidentin Kraft. Zitat: "... am nächsten 3. Oktober..., soll alles in Kalkar `perfekt` sein: Die Verschmelzung der NATO- und Bundeswehrluftwaffen-kontingente zum Führungszentrum für ... Luftoperationen inklusive des Weltraumlagezentrums. Jeder Punkt Eurasiens nördlich der Alpen könnte dann mit von dort aus gesteuerten Bomben, Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen erreichbar sein....

Wir bitten Sie ..., Ihre Zustimmung ... zurückzuziehen.

Wir appellieren an ... alle Ihre Regierungsmitglieder: Von NRW darf kein Krieg ausgehen!"

Link zum Brief an H.Kraft: http://www.ag-friedensforschung.de/bewegung/kalkar-brief.pdf. Der Beitrag von Trautvetter wurde von der Redaktion leicht gekürzt.

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Hintergrund
Bernhard Trautvetter, Mitglied im Essener Friedensforum und Gründungsmitglied von Schule ohne Bundeswehr NRW, friedenspädagogisch und -politisch auch in der GEW NRW aktiv, Lehrer an einem Berufskolleg im Ruhrgebiet, Beiträge zu unterschiedlichen Themen u.a. in Zeitschriften wie neue deutsche schule, Friedensforum; eigene Website: www.fotolyrikart.eu.