Leopard 2 – Export

Gewaltfreie Aktionen bei Krauss-Maffei Wegmann (München) und Rheinmetall (Düsseldorf)

von Hermann Theisen

Im Juli 2011 sickerte die Nachricht in der Presse durch, dass der Bundessicherheitsrat am 27. Juni 2011 die Ausfuhr von mehr als 200 Leopard 2-Panzern nach Saudi-Arabien grundsätzlich gebilligt habe. Bereits wenige Tage später beschäftigte sich der Bundestag in einer Fragestunde mit dem Thema, und es folgten Anträge der Oppositionsparteien, um den Waffendeal zu verhindern.

Diese Anträge scheiterten an der Mehrheit der Regierungsparteien, die immer wieder die besondere Bedeutung von Saudi-Arabien als strategischem Partner betonten. Zudem wurde stereotyp darauf verwiesen, dass alleine der Bundessicherheitsrat über solche Waffenexporte zu entscheiden habe, dass dieser geheim tage und es strafbar sei, entsprechende Informationen zu veröffentlichen. Eine perfidere Ausrede, um solche Waffendeals totschweigen zu können, gibt es eigentlich nicht!

Rüstungsexporte sind aber nach deutschem und europäischem Recht dann verboten, wenn die ausgeführten Waffen zu Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden können. Und gemäß der politischen Grundsätze zum Waffen- und Rüstungsexport sind Waffenlieferungen an Länder in Spannungs- und Krisenregionen unzulässig.

Die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien gilt indes als sehr bedenklich: Im vergangenen Jahr hat Saudi-Arabien Militärtruppen nach Bahrain geschickt, um dort die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung zu unterstützen. Das despotische Königshaus unterdrückt brutal die eigene Bevölkerung, und laut dem Menschenrechtsbericht der Bundesregierung werden in Saudi-Arabien Dissidenten verhaftet, Geständnisse erzwungen, die Todesstrafe vollzogen und jegliche Opposition verboten.

Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass es in Saudi-Arabien keine Versammlungsfreiheit gibt, dass Menschenrechtler und Frauenrechtlerinnen unterdrückt werden und die öffentliche Ausübung nicht-islamischer Religionen verboten ist.

Auf diesem Hintergrund wäre eine Lieferung von Kampfpanzern an Saudi-Arabien rechtswidrig, denn sie würde gegen das Außenwirtschaftsgesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen.

Gewaltfreie Aktionen
Um auf das von der Bundesregierung totgeschwiegene Problem von Waffenlieferungen in Krisenregionen hinzuweisen, kam es im Juli 2012 zu gewaltfreien Aktionen gegen den geplanten Waffendeal mit Saudi-Arabien. Am 5. Juli wurde ein öffentlicher Aufruf zur Begehung von Boykott- und Sabotagehandlungen gegen Leopard 2-Lieferungen an Saudi-Arabien vor den Werkstoren von Krauss-Maffei Wegmann in München verteilt und am 19. Juli bei Rheinmetall in Düsseldorf. Beide Rüstungskonzerne bilden die Waffenschmiede für den Leopard 2-Kampfpanzer. Zudem wurden die Aufrufe an sämtliche rüstungsrelevanten Tochterfirmen beider Unternehmen versandt.

In dem Aufruf werden die Mitarbeiter zunächst über die besondere Problematik einer Leopard 2-Lieferung nach Saudi-Arabien informiert. Danach werden sie dazu aufgefordert, sich an ihrem Arbeitsort an Boykott- und Sabotagehandlungen gegen den Waffendeal zu beteiligen und ihr betriebliches Eingebundensein in die Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebsabläufe, die in Verbindung mit dem Waffendeal stehen, dafür zu nutzen, um Sand in das Getriebe zu streuen sowie die auf den Waffendeal ausgerichteten betrieblichen Prozessabläufe zu verzögern, zu behindern und zu sabotieren. Schließlich werden sie aufgefordert, ihren informationellen Einblick in jene betrieblichen Prozessabläufe der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Verteilung bei Krauss-Maffei Wegmann führte dazu, dass der Aufruf von der Polizei beschlagnahmt wurde und die Staatsanwaltschaft München ein Strafverfahren (115 Js 162901/12) wegen Verdachts eines Verstoßes gegen § 111 StGB (Öffentliche Aufforderung zu Straftaten) einleitete. In Düsseldorf erteilte die Polizei einen Platzverweis und auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitete ein Strafverfahren (80 Js 616/12) ein, welches dann aber an die Staatsanwaltschaft Heidelberg abgegeben wurde.

Befragung von MdBs
Inzwischen fand auch eine schriftliche Befragung sämtlicher Bundestagsabgeordneter zu ihrem Abstimmungsverhalten über die Anträge der Opposition gegen eine Lieferung von Kriegswaffen an Saudi-Arabien statt. Ruprecht Polenz, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, bemängelt in seiner Antwort die restriktive Informationspolitik der Bundesregierung: „Es ist sehr unbefriedigend, dass der Bundestag erst dann über Waffenverkäufe debattieren kann, wenn diese im Rüstungsexportbericht veröffentlicht werden“, weshalb er hier „mehr Transparenz“ fordert.

Und auch Heidemarie Wieczorek-Zeul erklärt: „Durch meine Erfahrungen als langjähriges Mitglied im Bundessicherheitsrat plädiere ich schon seit Längerem für mehr Transparenz und eine generelle Beteiligung des Parlaments bei Waffenexporten.“

Der weitere Ausgang der Strafverfahren ist offen, wer darüber informiert werden möchte bzw. eine Kopie des Aufrufs haben möchte: Hermann [dot] Theisen [at] t-online [dot] de.

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