Ramstein-Aktionswoche

Warum wir in Ramstein dabei sind - auch in diesem Jahr?

von Reiner BraunPascal Luig
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„Lohnt sich das?“ – fragt der Zweifelnde. „Bringt es was?“ - denkt die Skeptikerin. „Gerade ich?“ überlegt der/die Interessierte. Ja - auch Ihr und hoffentlich noch viele mehr!

Denn: Die Air Base Ramstein ist das Synonym für Drohnen, Krieg, Interventionismus - für Militarismus. Wir wollen dieses Symbol nicht hinnehmen, wir wollen eine friedliche Politik. Von deutschem Boden soll Frieden und nicht Krieg ausgehen.

Es ist der berühmte lange Atem, der für uns Lebensgrundlage und Lebenselixier ist. Militarismus wird nicht von heute auf morgen überwunden, Friedensengagement ist das immer wieder und erneute Bohren von dicksten Brettern.

Wir sind es uns, unseren Kindern, der nächsten Generation und dem Planeten Erde schuldig, es immer weiter und wieder zu versuchen. Dabei haben wir kleine Erfolge. Der Atomwaffenverbotsvertrag ist so einer, aber wir bekommen auch viele Nackenschläge, stehen aber immer wieder auf, weil es um den Frieden geht. Können Frau und Mann eigentlich noch in den Spiegel gucken, wenn sie/er sich nicht wehren gegen die Ungerechtigkeiten der Welt und gegen die täglichen grausamen Kriege?

Wir wollen es, und gerade die „Ramstein-Aktionen“, die uns vor Jahren niemand in dieser Größe und Dimension zugetraut hat, sind ein Ausdruck dieses Widerstandes, des Widerborstigen und auch des Mutes zum Widerstand.

Dies soll dieses Jahr, in einer immer kälter werdenden Republik und den dramatisch zugespitzten internationalen Kriegssituationen - haben wir sie vergessen: Jemen, Zentralafrikanische Republik, Libyen, Afghanistan, Sudan, Mali, Kongo, Syrien … ? - vielleicht noch überzeugender zum Ausdruck gebracht werden.

Es bleibt dabei: Mut zu Widerstand ist gefordert - oder: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.

Aber wir wollen auch den Kriegstreibern ganz aktuell in die Arme fallen: Von Ramstein aus wird der Krieg gegen den Iran mit vorbereitet, und logistisch ist dieser Ort auch in die Aktionen zum Sturz der legitimen Regierung in Venezuela eingebunden. NEIN zu weiterem kriegerischen Engagement der NATO – das ist Ramstein 2019.

Wo sollen denn die neuen Atomwaffen der USA und der NATO stationiert werden? In Ramstein sind alle technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen für eine erneute Stationierung vorhanden. (Bis 1996 gab es Atomwaffen in Ramstein.) Wir wollen mit den Aktionen in Ramstein dazu beitragen, dass ein Sturm der Empörung und des Protestes gegen neue Atomwaffen in Deutschland diese Pläne wegfegt, sie politisch undurchführbar macht. Dazu brauchen wir den Widerstand gerade in der Region, die als erstes auch von den Gegenschlägen (Atomwaffen sind Magneten) betroffen sein würde. Die BürgermeisterInnen, die Kommunen müssen NEIN sagen zu neuen Atomwaffen in Ramstein. Dazu müssen unsere Aktionen mehr und größer werden. 

Wir werden auch nie vergessen, dass es ohne die Air Base Ramstein keinen Drohnenkrieg gäbe, der Frauen, Kinder und ältere Menschen – ZivilistInnen - tötet und terrorisiert. Die skandalösen Beschlüsse der Bundesregierung, israelische Kampfdrohnen zu leasen und für Milliarden die Eurodrohne zu entwickeln, treiben uns auf die Straße. Wir brauchen nicht mehr Geld für Rüstung in einer hungernden Welt, sondern Abrüstung, Entwicklung und Umwelt.

Die Air Base Ramstein vergiftet die Umwelt und die Bevölkerung: Wir haben nicht vergessen, dass die Bewahrung der Umwelt vor Vergiftung durch Kampfflugzeuge, die illegale Müllbeseitigung, die Zerstörung der Natur, dreckiges und ungenießbares Trinkwasser untrennbare Bestandteile dieser Kriegsfestung Ramstein sind. Können wir das je akzeptieren? Müssen wir nicht in Vorbereitung und Durchführung unserer Aktionen die Aufklärung und die Informationen über dieses tägliche Zerstörungspotential der Air Base intensivieren? Die Ramstein-Aktionen 2019 könnten dafür ein ausstrahlungsfähiges Signal sein.

Aber es ist mehr?
Die Aktionen und dabei besonders das Friedenscamp sind ein Treffen der Solidarität, der Diskussion, ein freundschaftliches, ja liebevolles Treffen der Schwestern und Brüder im Geiste – bei aller Unterschiedlichkeit der Meinungen. Es ist das „gemeinsam Leben“ und Erleben, das Gefühl, einer großen weltweiten Friedensgemeinschaft anzugehören, das verbindet und wieder Kraft gibt für die tägliche Auseinandersetzung zuhause. Prägend, ermutigend und eine Möglichkeit, Kraft zu tanken, auch das sind die Proteste. Das Friedenscamp ist der beste Ausdruck dafür. Die Kultur des Camps und die Kultur im Camp sind Teil unserer Sehnsucht nach Frieden und unserer tiefen Ablehnung von Krieg und Gewalt. Das Camp ist gelebte friedliche Konfliktbearbeitung.

Es ist aber auch die Gemeinsamkeit des Lernens, der Diskussion, des Austausches und des solidarischen Streitens, die die Ramstein-Aktionen in ihrer Vielfalt so einzigartig sein lässt. Dazu gehören auch die internationalen Gäste, die das Gefühl der Internationalität auf der einen begrenzten Welt so praktisch erlebbar machen. Nationalismus, Chauvinismus und Hetze gegen Minderheiten haben keinen Platz, dafür aber ein tiefes Verständnis und Zuhören zu den Aktionen in den anderen Ländern dieses einzigartigen Planeten und eine tief gelebte Solidarität mit den Schwächsten und Geflüchteten.

Es ist der Mix von Leben, Erleben, Gestalten und Protest, der die Ramstein-Aktionen 2019 prägen und hoffentlich wieder für viele – vielleicht auch viele mehr als beim letzten Male - zu einem eindrucksvollen Erlebnis machen wird. Dies wird die Friedensbewegung in ihrer Vielfalt stärken, den Friedensgedanken weitertragen, zu mehr Aktionen ermutigen.

Reiner Braun und Pascal Luig gehören beide dem Koordinierungskreis „Stopp Air Base Ramstein“ an.

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Reiner Braun war Geschäftsführer der IALANA Deutschland und ist ehem. Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).
Pascal Luig, Geschäftsführer NaturwissenschaftlerInnen-Initiative - Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. (NatWiss), Koordinierungskreis Stopp Air Base Ramstein.