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Interview
Patenschaftsmodell „FriedensarbeiterIn“ bekommt neue Friedensarbeiterin
von2012 startete der Förderverein Frieden e.V. das Patenschaftsmodell „FriedensarbeiterIn“, um die Anstellung von Philipp Ingenleuf als Hauptamtlichen in Vollzeit beim Netzwerk Friedenskooperative zu finanzieren. 2014 konnte das Patenschaftsmodell mit Marvin Mendyka um die Stelle eines studentischen Mitarbeiters erweitert werden. Nun geht es in die dritte Runde mit Elise Kopper, die als Campaignerin beim Netzwerk Friedenskooperative anfängt. Das Friedensforum interviewte die FriedensarbeiterInnen Philipp Ingenleuf, Marvin Mendyka und Elise Kopper.
Redaktion FriedensForum: Wie kam es zu der Idee mit den Friedenspatenschaften?
Philipp: Als ich 2011 nach meinem Masterstudium durch ein Praktikum beim Netzwerk Friedenskooperative zur Friedensbewegung stieß, war ich sofort mit viel Eifer und Einsatz dabei. Besonders das Mitwirken bei „Fukushima mahnt“ und den Petersberg-Protesten gegen den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr begeisterte und erfüllte mich. Dies stärkte meinen Wunsch und Entschluss, beim Netzwerk Friedenskooperative zu bleiben und hauptamtlich Friedensarbeit zu machen.
Ein großes Problem war jedoch die Frage nach einer langfristigen Finanzierung. Das brachte mich auf die Idee, ein Patenschaftsmodell auf die Beine zu stellen. Anfangs hat es mich Überwindung gekostet, für meine eigene Anstellung nach Spenden zu fragen, aber bereits die ersten Rückmeldungen waren sehr positiv. Insbesondere der Aspekt, dass ich meine Friedenspatinnen und Paten regelmäßig über meine Aktivitäten informiere, kam sehr gut an.
Marvin: Genau, dies ist ein Eckpfeiler des Konzeptes. Wir wollen mit den Berichten unsere UnterstützerInnen an unseren Aktivitäten und Erfolgen teilhaben lassen. So können sie mitverfolgen, was genau wir alles machen und welche Projekte und Aktivitäten uns durch ihre Unterstützung ermöglicht werden.
Redaktion FriedensForum: Inzwischen arbeitest Du, Philipp, seit 2012 in Vollzeit beim Netzwerk Friedenskooperative. Was für ein Engagement ermöglichen Dir die Friedenspatenschaften?
Philipp: Dank der Friedenspatenschaften konnte ich mich in den letzten Jahren einer Vielzahl von Projekten widmen. Neben meinen vielen, auch administrativen, Tätigkeiten beim Netzwerk Friedenskooperative, ist einer meiner Schwerpunkte die Kampagnenarbeit. Unter anderem bin ich seit 2013 zusammen mit Roland Blach Koordinator der Kampagne atomwaffenfrei.jetzt. Darüber hinaus bin ich immer wieder an kleineren und größeren Projekten und Aktionen beteiligt, wie z.B. bei Protestaktionen gegen Rüstungsexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr. Darüber hinaus bringe ich mich aber auch in viele strukturelle Aufgaben der Bewegung ein. So ist es mir z.B. ein großes Anliegen, dass die Bewegung wieder eine höhere Mobilisierungsfähigkeit erreicht und unsere Themen mehr Gehör finden. Auch war für mich von Anfang an klar, dass das Patenschaftsmodell perspektivisch erweitert werden muss, um die Bewegung voran zu bringen. Dies ist uns inzwischen zum Glück mit Marvin und Elise gelungen.
Redaktion FriedensForum: Wie war es bei Dir Marvin? Wie bist Du zur Friedensbewegung gekommen?
Marvin: Im Jahr 2013 bin ich ebenfalls durch ein Praktikum zum Netzwerk Friedenskooperative gekommen. Vorher habe ich mich bei Amnesty International und in LGBT-Zusammenhängen engagiert, also im Bereich der Menschenrechtsarbeit. Aber das Praktikum beim Netzwerk Friedenskooperative hat mir so viel Spaß gemacht, dass sich mein Engagement seither auf die Friedensbewegung konzentriert.
Nach meinem Praktikum habe ich weiterhin bei der Friedenskooperative ausgeholfen. Die Arbeit mit den verschiedensten Menschen aus den zahlreichen Friedensorganisationen wollte ich nicht mehr missen. Durch die Einrichtung einer „Henry-Kissinger-Professur“ in Bonn habe ich mich dann stark dem Thema Rüstungsforschung und Zivilklauseln gewidmet. Seit Ende 2014 arbeite ich auf 450-Euro Basis beim Netzwerk Friedenskooperative, worüber ich sehr froh bin.
Redaktion FriedensForum: Welche Arbeitsschwerpunkte hast Du?
Marvin: Meine Friedensarbeit hat zwei Arbeitsschwerpunkte. Zum einen beschäftige ich mich mit dem Thema Militarisierung, besonders im Zusammenhang mit jungen Menschen. Meiner Meinung nach hat die Bundeswehr in Schulen nichts zu suchen, und die Rekrutierung von Minderjährigen sollte umgehend gestoppt werden. Zurzeit arbeite ich an den Vorbereitungen zu den Protesten rund um den „Tag der Bundeswehr“, mit dem sich die Bundeswehr als attraktive Arbeitgeberin zu präsentieren versucht.
Zum anderen betreibe ich die Öffentlichkeitsarbeit der Friedenskooperative in den sozialen Medien. Die Friedensbewegung darf in diesem Bereich nicht schlafen, sonst wird sie den Anschluss an jüngere Generationen verlieren.
Redaktion FriedensForum: Elise, du bist nun die Dritte im Bunde. Wie kamst Du zur Bewegung?
Elise: Ich habe von 2008 bis 2009 in England Friedensforschung studiert und mich dort auf Zivile Konfliktbearbeitung und Krisenprävention spezialisiert. Erst nach meiner Rückkehr nach Deutschland bin ich darauf gestoßen, dass sich auch hier viele Menschen und Organisationen mit diesen Themen beschäftigen. Das war mir gar nicht bewusst gewesen, da ich vorher nie mit der Friedensbewegung im engeren Sinne in Berührung gekommen war. Mittlerweile arbeite ich haupt- bzw. ehrenamtlich für das Frauennetzwerk für Frieden, die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung, den Bund für Soziale Verteidigung und seit neuestem eben auch für das Netzwerk Friedenskooperative.
Redaktion FriedensForum: Wie sehen Deine Arbeit als Campaignerin und die Kampagne genau aus?
Elise: Die aktuelle Kampagne richtet sich gegen die kurzsichtige Politik der Auslandseinsätze und fordert ein Ende des Bundeswehrmandats in Syrien. Gleichzeitig fordern wir von Bundestag und Bundesregierung, zivile Alternativen zur nachhaltigen Konfliktlösung endlich ernst zu nehmen und viel stärker zu fördern. Momentan befinden wir uns noch in der sehr spannenden Anfangsphase, in der ganz viele Prozesse parallel ablaufen: Zum einen arbeiten wir inhaltlich an der Ausrichtung der Kampagne, zum anderen sind wir gerade dabei, einen Kampagnenrat und TrägerInnenkreis zusammenzustellen, Fundraising zu betreiben, Materialien zu formulieren und vor allem in alle Richtungen zu netzwerken. Meine Kollegen vom Netzwerk Friedenskooperative - neben Philipp und Marvin auch noch Kristian Golla - unterstützen mich dabei sehr!
Redaktion FriedensForum: Könnt Ihr drei Eure Anstellung denn schon ausschließlich durch Friedenspatenschaftenabdecken?
Philipp: Das leider noch nicht. Aber es ist natürlich unsere große Hoffnung, dass wir dies in naher Zukunft können. Momentan wird die Stelle von Marvin und mir bereits zu mehr als 50% durch Friedenspatenschaften finanziert. Dies ist bereits ein großer Erfolg. Die andere Hälfte wird über Projekte und das Netzwerk Friedenskooperative getragen. Den Schritt, Marvin auf 450 Euro-Basis als studentischen Mitarbeiter einzustellen, konnten wir erst dank einer größeren sachbezogenen Spende für ihn wagen. Auch bei Elise war es so.
Redaktion FriedensForum: Wie viele PatInnen unterstützen Euch zurzeit?
Marvin: Wir haben inzwischen mehr als 40 PatInnen, die regelmäßig für unsere Arbeit spenden. Darüber hinaus gibt es auch immer wieder Einzelspenden. Aber natürlich sind wir besonders auf regelmäßige Spenden angewiesen. Nur so haben wir eine gewisse Planungssicherheit und können uns auch langfristig Projekten und Themen zuwenden. Die Patenschaften sind dabei ganz unterschiedlich. Von 5 EUR bis 100 EUR im Monat ist alles dabei.
Philipp: Auf diesem Wege möchten wir uns auch ganz herzlich bei unsere Friedenspatinnen und ‑paten bedanken. Ohne sie könnten wir uns nicht in dem Maße für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen!
Redaktion FriedensForum: Was erhofft Ihr Euch für die Zukunft?
Elise: Für die nahe Zukunft erhoffen wir uns, dass wir weitere Menschen für unsere Arbeit und friedenspolitische Themen begeistern können, auch außerhalb der „klassischen“ Friedensbewegung. Es wäre super, wenn in den nächsten zwei Jahren so viele Patenschaften hinzukommen würden, dass unsere Stellen und die künftiger FriedensarbeiterInnen langfristig gesichert sind.
Philipp: Gerne würden wir in den nächsten Jahren die Anstellung von Marvin zu einer Vollzeitstelle ausweiten und darüber hinaus noch mehr jungen Menschen die hauptamtliche Arbeit in der Friedensbewegung ermöglichen. Dies wäre ein großer Gewinn für die Friedensbewegung. Hoffentlich können wir bald schon den oder die vierte FriedensarbeiterIn ins Boot holen!
Marvin: Letztlich geht es uns darum, dass die Friedensbewegung in der Politik wieder zu einem Faktor wird und aus ihrer Rolle als Ruferin in der Wüste herauskommt. Dafür muss sie wieder aktiver werden und mehr Menschen mobilisieren können. Das Projekt FriedensarbeiterIn ist ein Schritt in diese Richtung.
Wie werde ich Friedenspatin oder Pate? Alle Informationen dazu finden sich im beiliegenden Flyer oder im Web unter: www.friedensarbeiterin.de